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  • Padre

mehr als 1000 Beiträge seit 15.06.2001

Luft holen!

Hallo

Ich finde ein bischen mehr Struktur hätte deinem etwas emotionalen
Beitrag gut getan. Doch muss ich sagen im großen und ganzen stimme
ich dir zu.

Auch ich beobachte mit Sorge wie Fremdenfeindlichkeit wieder
salonfähig wird, wie ernsthaft diskutiert wird ob man den Koran auf
vereinbarkeit mit dem Grungesetz prüfen müsse (sollen die Korane dann
ggf. verbrannt werden?) und in Baden-Württemberg Bewerber für die
deutsche Staatsbürgerschaft aus islamischen Ländern sich
zweistündigen Interviews unterziehen müssen in denen sie unter
anderem gefragt werden was sie davon halten dass es in Deutschland
schwule Politiker gibt (vorallem weil das in Deutschland auch schon
seit soo langer Zeit akzeptiert wird...).

Das "Nie wieder!" und "Wehret den Anfängen!" geraten immer mehr in
Vergessenheit  bzw. verlieren ihre Bedeutung. Viele Menschen sind
müde sich "schuldig" zu fühlen dafür was passiert ist, sie wollen
wieder aufrechten Hauptes und ohne Schuldgefühle Deutsche sein
können. Dabei ist für sie das dritte Reich etwas sehr abstraktes das
früher einmal passiert ist.
Doch verstehe ich nicht warum viele "nichts mehr davon hören wollen",
meinen die "Schuld" von sich weisen zu müssen. Was viele nicht sehen
wollen ist meiner Meinung nach die Tatsache dass es sich sehr schnell
wiederholen kann, dass Faschismus und das 3te Reich tatsächlich nicht
in so weiter Ferne sind, nicht so unglaublich abstrakt sind.
Tatsächlich waren es "Menschen wie du und ich" die damals Teil einer
sehr häßlichen Geschichte wurden.
Wir müssen doch in der Lage sein davon zu lernen, versuchen zu
verstehen wie soetwas passieren konnte. Das waren nicht irgendwelche
hypnotisierten Verrückte, das waren unsere (Ur-)Großeltern oder sogar
Eltern, Menschen die uns nahe stehen bzw. standen.
Und wie du bemerkst hast, ist vieles von dem was heute passiert nicht
so verschieden von den damaligen Anfängen.

Was den Film betrifft so bin ich auf jeden Fall sehr froh heute
diesen Artikel bei Telepolis gefunden zu haben! Der Film passt leider
zu gut in den Rahmen der allgemeinen Amnesie und des Leugnen wollens
(wobei ich nicht bestreiten will dass es ein schreckliches Ereignis
war). Eine schmalzige Liebesgeschichte vor dem Hintergrund eines
brennenden Dresdens zu erzählen ist doch etwas zu viel des guten.
Immerhin gibt es noch Leute die das erkennen.

Interessant dazu auch der Artikel bei Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriffe_auf_Dresden#Dresden_als_Auf
marschort_von_Rechtsextremen_und_Neonazis

Und sehr Lesenswert in dem Zusammenhang sind auch die Tagebücher von
Victor Klemperer. Hier beschreibt der Dresdner über Jahre hinweg
akribisch die täglichen kleinen, schleichenden Veränderungen die
schließlich in dieser Dresdner Bombennacht gipfelten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Klemperer#Tagebuch
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