Der Kommentar zeigt, wenn auch unfreiwillig, wie schlimm es um den Journalismus in Deutschland bestellt ist. Der Journalismus steht in heftiger Kritik. Ihn wird vorgeworfen, politische Agenden zu verfolgen, unliebsame Informationen zu Unterdrücken, andere zu übertreiben und Falschmeldungen in die Welt zu setzen.
Und wie geht der Autor mit solch einer Kritik um?
In Deutschland gebe es, so ehemals oberste Verfassungsschützer, "eine neue Qualität von Falschberichterstattung". Diese überschreite alles, was er bisher "an deutscher Medienmanipulation und russischer Desinformation" erlebt habe. Das klingt erst einmal wie die Abrechnung eines beleidigten Staatsdieners gegen seine hundsgemeinen Feinde in Berlin und das Böse in der Welt. Es klingt aber auch wie eine neue Stimme im populistischen Chor gegen die "Lügenpresse" oder die "fake news media", die der wahre Feind des Volkes seien.
Er würdigt den Kritiker als "beleidigten Staatsdiener" herab und stellt die Kritik an den Medien als populistisch dar. Offenbar fehlt dem Autor jeglicher kritische Gedanke, dass an den Vorwürfen etwas dran sein könnte. Es handelt sich hier um ein hermetisch abgeschlossenes Weltbild, das verteidigt werden will, aber nicht um eine Auseinadersetzung mit der Sache, so wie es die Pflicht eines Journalisten ist.
Aber wie geht der Autor damit um, dass jemand die Presse der Lüge bezeichnet hat?
Es ist eine Kriegserklärung an das freie Wort. "Ein Spitzenbeamter mit einer fragwürdigen Haltung zum Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit hat im öffentlichen Dienst nichts mehr zu suchen", erklärte der Deutsche Journalistenverband über den "Medienhasser".
Man greift zum Strohmann-Argument und derailing. Dem Kritiker wird unterstellt, eine fragwürdige Haltung zur Presse- und Meinungsfreiheit zu haben, und diese unterstellte Haltung wird dann als Strohmann kritisiert. Damit geht man den Kritiker auf unlautere Weise an und umgeht elegant den Vorwurf der Lüge.
Wer Strohmannargumente verwendet, demonstriert dabei nicht nur die eigene Schäbigkeit, sondern auch seinen argumentativen bankrott. Denn gäbe es Argumente des Gegners, die man kritisieren könnte, würde man diese kritisieren und nicht Argumente erfinden.
Aber diese Meldung zeigt noch mehr von der Degeneration des Journalismus. Die Aussagen stammen vom Bundesvorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbands. Da hieß es auch:
Horst Seehofer (CSU) als Bundesinnenminister müsse "die Frage beantworten, warum er sich an den Medienhasser Maaßen klammert", sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, dem "Handelsblatt" [...] Maaßen müsse jetzt endgültig in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden
Hier zeigen Journalisten schamlos und ohne nachzudenken wie sie in die Politik eingreifen. Aufgabe des Journalismus ist aber, sachlich und neutral daneben zu stehen und zu berichten, anstatt selbst zum Akteur zu werden. Dem ganzen setzen sie noch die Krone auf, indem sie Einmischung in eigener Sache betreiben: mit Papier und Feder mischen sie sich in die Politik ein, um gegen einen ihrer Kritiker vorzugehen.
Das wirklich Schlimme am Zustand des Journalismus ist, dass er sich keiner Schuld bewusst ist und so zeigt, dass er jeden Journalistischen Ethos schon seit langem über Bord geworfen hat.
Und das ist schlecht für die Gesellschaft. Wohin das führt, wenn der Journalismus gleichgeschaltet wird oder sich selbst gleichaltet, das hat man bei der Nazi-Diktatur gesehen. Daraus kann nichts Gutes erwachsen.