Du vergreifst dich im Ton.
Ich habe dir eine Quelle genannt mit einer Aussage des Kommandeurs dieses Bataillons. Ich bin dabei davon ausgegangen, dass dein Russisch hinreichend gut ist, wenn du dich so gut auskennst.
Du hast Wikipedia genannt. Das ist OK für mich, ich kritisiere das nicht. Ich würde das natürlich unter dem Vorbehalt sehen, dass dieser Artikel im Moment viel Aufmerksamkeit von interessierten Kreisen bekommt. Und davon gibt es im Moment mindestens zwei mit sehr gegensätzlichen Positionen.
OK, zur Sache, stellen wir ein paar Dinge klar.
Finde ich es gut, dass die Ukraine eine paramilitärische Organisation mit einem Hang zum Rechtsextremen duldet und unterstützt?
Nein.
Wäre ich dafür einen Mörder zu strafrechtlich zu verfolgen?
Ja.
Fände ich es gut, wenn ein innerer Konflikt eines Landes vom Nachbarland propagandistisch angeheizt wird?
Nein.
Ich glaube dir durchaus, dass es dir ein Anliegen ist, jegliche Nazi-Ideologie und die Ideologen zu bekämpfen. Das ist gut.
Lukaschenka ist das aber vollkommen gleichgültig. Schließlich hat Protasevitch in der Zwischenzeit mehrere Jahre in Weißrussland gelebt und niemand hat sich für ihn interessiert.
Und wenn ich mir die Zeischenbemerkung erlauben darf, auch ich habe mit 18 oder 19 Jahren Ansichten gehabt, die ich heute so nicht mehr vertreten würde.
Lukaschenkas Interesse wurde erst durch Nexta geweckt. Und hier kommen wir zum Kern der Sache. Ich lese bei Nexta seit August 2020 mit und habe dort keinen Nazikram gefunden. Keine brennenden Asylbewerberheime, keine völkische Ideologie, keine Runen, nichts dergleichen. Dafür zahlreiche Belege für Gewalt des Weißrussischen Staates gegen die eigene Bevölkerung.
Da das absolut gesetzwidrig auch nach den weißrussischen Gesetzen ist, versucht man Nexta zu bekämpfen. Dem das Nazi-Etikett anzuheften ist dabei eine Methode. Niemand mag schließlich Nazis, oder?
Dabei geht's dich eigentlich darum, dass seit dem Sommer 2020 zehntausende verhaftet und zum großen Teil schwer misshandelt wurden. Dabei reden wir nicht von Polizeigewalt "im Eifer des Gefechts", was schlimm genug wäre. Nein, die Leute wurden auch in den Transportern und in den Gefängnissen verprügelt, als sie für niemanden eine Gefahr darstellten. Viele müssten stundenlang in unbequemen Positionen stehen und durften sich nicht bewegen. Mitunter noch nicht Mal aufs Klo. Teilweise wurden 30-40 Leute in Zellen gesperrt, wo nur 6 Leute reinpassen, für mehr als einen Tag. Die Lüftungen der Zellen wurden absichtlich verstopft. Wer ohnmächtig würde, konnte wenigstens nicht umfallen. Stell dir einfach eine überfüllte U-Bahn vor (so Tokio-überfüllt), und das für mehr als einen Tag, ohne Essen, an Schlaf ist nicht zu denken. Wer das Personal an seine Rechte erinnert oder sogar nach einem Anwalt verlangt hat, wurde nur noch stärker verprügelt. Wer Verletzungen hätte, Knochenbrüche, musste tagelang auf Behandlung warten. Vor Gericht wurden einfach vorgefertigte Geständnisse zum Unterschreiben vorgelegt, größtenteils frei erfunden. Wer das korrigieren oder überhaupt Mal selbst lesen er wollte, wurde um so härter bestraft.
Dass das alles nach Artikel 25 (u.a.) der Weißrussischen Verfassung absolut verboten ist, will ich hier nur nebenbei erwähnen.
Es gibt dafür zahlreiche Belege z.B. auf YouTube. Die werde ich gerne hier verlinken. Aber nur, wenn du daran interessiert bist. Teilweise Zeugenaussagen, teilweise auch direkte Videoaufnahmen.
Ich habe viele Verwandte und Bekannte in Weißrussland, Menschen die mir sehr nahe stehen. Es gibt auch Lukaschenka-Anhänger darunter. Aber auch die Leben in ständiger Angst. Für die sind Polizisten nicht einfach "Bullen", sondern eine reale Bedrohung. Allzu oft trifft es auch völlig Unbeteiligte. Denn wenn man erstmal da reingeraten ist, gibt es absolut keine Möglichkeit, sich zu wehren. Man muss da einfach nur durch.
Und jetzt kommst du dran. Eine ganz einfache Frage: findest du das gut?