Dr.Andi schrieb am 15.05.2017 16:30:
Eigentlich sind wir uns einig:
Sehe ich im Prinzip auch so. :-)
Auf ein paar Kleinigkeiten möchte ich nichtsdestotrotz eingehen.
eine Kopie des Gehirns enthält alleine nicht die notwendige Information, um einen Menschen zu kopieren; es ist die Kopie des kompletten Nervensystems notwendig. Es geht ja nicht um die Frage, ob das Gehirn später wieder funktioniert, es geht darum, ob der Mensch danach auch nur annähernd derselbe wäre. Wer das erreichen will, der muß den ganzen Menschen kopieren, oder zumindest emulieren.
Ich würde "jain" sagen.
Einerseits wäre für eine "perfekte Kopie" natürlich der ganze Mensch zu kopieren bzw. zu emulieren. Andrerseits würde es sich spätestens nach dem ersten Erlebnis, welches nicht synchron auf die "Kopie" und das original wirkt, um zwei "verschiedene" Individuen handeln.
Wir werden zu einem großen Teil durch einen Rückkopplungsmechanismus mit unserer Umwelt "definiert". Ganz bildlich anhand eines eher blöden Beispiels gesprochen: Ob ich mich heute Abend entscheide in die Oper zu gehen, oder doch den neusten Aktionfilm im Fernsehen anschaue, ich bin jeweils am nächsten Tag "ein anderer Mensch". Das Thema wurde ja aber schon auch sehr ausführlich z.B. in Si-Fi Literatur angegangenen: Die "selben" Menschen, aufgewachsen in Paralleluniversen, könnten komplett unterschiedliche Charaktere ausbilden. "Im Kleinen" passiert das ständig, mit jeder Entscheidung und jedem Erlebnis, welches auf einen Menschen wirkt. So kann es gar nicht "eine perfekte Kopie eines Menschen" geben wenn beide nicht auch exakt "das gleiche Leben leben". Das führt aber das Konzept einer Kopie, die unabhängig vom Original lebt ab absurdum.
Ja, natürlich kann das Gehirn alles neu lernen; selbst nach einem schweren Schlaganfall.
Aber wer meint, der Mensch wäre danach noch derselbe, dem wage ich zu widersprechen.
Das sehe ich ja genauso. Das gleiche Hirn in einer neuen Umgebung, wird zwangsweise zu einem "neuen" Menschen führen.
Und so wäre es, wenn man ein Gehirn in einen neuen Körper verpflanzt: vielleicht lernt ein großer Pianist danach das Klavierspielen deutlich schneller als der Durchschnitt, aber ob er je wieder ein großer Pianist wird bleibt doch sehr fraglich.
Das hängt wahrscheinlich davon ab, ob er auch wieder übt... Ob er den überhaupt ein Pianist sein will...
Ich kenne Menschen, die äußerst eloquent waren; nach einem Schlaganfall lernten sie wieder sprechen, aber niemand würde sie mehr eloquent nennen.
Ich glaube, dass ist etwas anderes. Ein Schlaganfall beschädigt ja das Gehirn. Es ist zwar erstaunlich, welch extreme Schäden zu einem wirklich erheblichen Teil wieder kompensiert werden können, aber dass hinterher alles wie vorher ist, davon kann man ja logischerweise nicht ausgehen.
Man lernt alles von Anfang an neu, wie ein Baby. Nur daß ein Baby deutlich schneller lernt.
Das habe ich ja auch damit gemeint, dass es bei einem Vorgang wie einer "Gehirntransplantation" nützlich wäre das Hirn in einen (Früh-)Kindlichen Zustand zu versetzen. Falls man eine Methode hierfür finden würde, könnte man wahrscheinlich auch viel besser Menschen helfen, deren Gehirn beschädigt wurde: Kleinkinder stecken ja solch ein Unglück viel, viel besser weg als ältere Kinder oder gar Erwachsene. Dafür gibt es ja sogar total extreme Beispiele, wie Kinder die nur mit einer Gehirnhälfte zur Welt gekommen sind, aber trotzdem als "komplett normal" gelten, also kaum ein messbarer Unterschied in der geistigen Entwicklung im Vergleich zu gänzlich gesunden Menschen feststellbar ist.
Ganz am Rande erwähnt: LSD hat anscheinend die Fähigkeit eine "Neuprogrammierung" zu begünstigen. Dazu gibt es z.B. Studien, die zeigen, dass die Substanz in Verbindung mit entsprechender Behandlung um ganze Größenrodungen effektiver bei der Behandlung von z.B. von Alkoholismus ist als klassische Verhaltenstherapie.
PS: Die Unterscheidung "Software" und "Hardware" war natürlich nicht wörtlich gemeint. Selbst Computer speichern heute Informationen zum Teil in Hardware und nicht elektrisch (z.B. CDs). Aber im Gehirn wird Wissen nicht nur über zusätzliche Synapsen und Neuronen gespeichert, auch schlicht einfach über Rezeptor-Chemie. Ich finde durchaus, daß "Software" da ein anwendbarer Begriff ist.
Da würde ich nicht wirklich zustimmen: Software ist unabhängig von Hardware, by definition.
So ist auch die gesamte Neurochemie imho ein Teil der "Hardware". Die gleichen neurochemischen Vorgänge haben ja schließlich unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene Menschen. Man kann also diese angebliche "Software" nicht auf eine andere Hardware übertragen, und davon ausgehen, dass sie sich identisch verhält.