Unabhängig von der Causa Aiwanger, die ich als Bürger von NRW mangels Interesse / Einblick / Ahnung nicht zu beurteilen vermag, stelle ich mir (schon länger) die eher allgemeine Frage, wie der Wahlkampf der Zukunft wohl aussehen wird.
Die aktuellen Protagonisten im Politzirkus sind ja i.A. und noch sehr weit verbreitet Menschen im eher vorgerückten Alter. Klar gibt es auch jüngere, aber die wirklichen Entscheidungsträger sind meistens doch etwas älter. Ist ja per se nicht schlimm, eine gewisse Lebenserfahrung hilft ja durchaus auch bei manchen Dingen. Der Mensch und sein Denken ändert sich nun mal, auch basierend auf den gemachten Erfahrungen.
D.h. viele sind in einem Alter, das mit dem ganzen -ich nenne es mal salopp- Social-Media-Gedöns von heute eher weniger zu tun hat bzw. keine diesbzgl. Altlasten mit sich rumträgt. Es gab es zu deren Jugendzeit schlicht und einfach nicht.
Das sieht man ja jetzt beim Aiwanger und einem rausgekramten Pamphlet, datiert von vor was weiß ich wievielen Jahren bzw. Jahrzehnten. Da musste der „whistleblower“ anscheinend schon ziemlich weit zurückgehen, um etwas zu finden. Wie gesagt, ich habe mich damit nicht weiter konkret befasst. Der gemeine Bayer ist nun mal wie er ist (ohne Wertung, reine Erfahrungswerte ;) ).
Oder siehe die Beispiele vom Neuber hinsichtlich der Politiker mit Nazi Vergangenheit oder respektive DDR Vergangenheit (Merkel und Co. z.B.). Da weiß man zwar schon, daß da was war, aber so einen richtigen Pack-an scheint es nicht zu geben. Auch das Interesse einer Aufarbeitung scheint oftmals irgendwie abhanden gekommen zu sein (z.B. Gauck und die StaSi Akten oder die durch Mauerschützen getöteten DDR-Flüchtlinge = LANDSLEUTE!).
Das macht die Sache weder gut noch besser, aber nicht umsonst sagt man ja „ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“…. und da werden wir irgendwann bald sehr viele Bilder und auch Videoclips vorliegen haben —> die „Social-Media-Generation“ liefert ja unentwegt content.
Ich für meinen Teil bin zum Beispiel froh, daß von meiner Schul- , Bundeswehr- und auch Studentenzeit keine detaillierten Aufzeichnungen in Bild und Ton auf irgendwelchen Servern griffbereit rumfliegen. Nein, ich war weder Nazi noch kriminell noch sonst was. Wir haben es einfach ordentlich krachen lassen und das ein- oder andere existierende Foto ist peinlich genug (die 90er waren einfach ne geile Partyzeit). Mein Arbeitgeber und/oder Kollegen und/oder Nachbarn müssten das jedenfalls nicht unbedingt sehen. Ja, ich habe etwas zu verbergen: Meine Privatsphäre!
—> Damit zur Ausgangsfrage:
Diese, also die Generation, die aktuell die Mehrheit der Entscheidungsträger abbildet, stirbt ja irgendwann mal weg bzw. wird einfach zu alt, um irgendwelche öffentlichen Ämter zu bekleiden. Es wird also bald die „Insta-Generation“ übernehmen, die jeden Scheiß von sich postet. Sogar wann, wo, welche Pizza oder so gegessen wurde oder daß man sein Morgengeschäft schon brav erledigt hat. Oder aber vom Burschenschaft Treffen oder wie man Steine auf Polizisten schmeißt oder oder oder… also von belanglos unpolitisch bis durchaus politisch motiviert. Das Handy fotografiert / filmt quasi ständig.
Gleichzeitig finde ich die Entwicklung unserer Diskussionskultur im Allgemeinen -ich sag mal- immer unentspannter (Stichwort Shitstorm, Neusprech, Vorverurteilungen etc.). D.h. eine Meinungsfreiheit, wie ich sie persönlich zumindest verstehe (zugegebenermaßen bin ich da extrem unterwegs und bin komplett gegen die Zensur von Meinungen), gibt es im Grunde nicht mehr. Auch eine „wirkliche“ Unschuldsvermuting sehe ich in Gefahr, zu sehr wird sich auf alles direkt zähnefletschend und unreflektiert gestürzt.
Von daher:
Wie also wird Wahlkampf in (naher) Zukunft aussehen? Im Grunde wird bei sehr vielen dann sehr viel auf dem Silbertablett vorliegen, auch sogenannte Jugendsünden. Ich persönlich finde, jeder darf Fehler machen, denn das gehört ja irgendwie zum Erwachsen werden dazu. Die Frage ist jedoch, ob das dann überhaupt noch berücksichtigt wird oder ob es irgendwann zur totalen Schlammschlacht ausarten wird?
Oder wird einfach irgendwann derjenige Bundeskanzler (generisches Maskulinum), der dann -bewusst überspitzt / provokativ- online die meisten Likes haben wird?
Werden es also nur noch aalglatte Schöngefönte ohne Ecken und Kanten schaffen oder wie wird sich das wohl entwickeln, wenn sogar heute schon vor Otto-Witzen und Harald Schmidt Sketchen gewarnt wird?
Wird dadurch alles noch viel manipulativer und auch ein Stück weit uniformierter (weil sich einfach keiner mehr traut etwas „unbequemes“ zu sagen), als es ohnehin schon ist? Wollen wir das wirklich?
Ich weiß es -ehrlich gesagt- nicht und vielleicht bin ich auch der Einzige der sich diese Frage stellt und ich sollte -besonders als Kölner- einfach nach dem kölschen Motto „Et es wie et es“ leben und die Dinge einfach auf mich zukommen lassen… Sehe ich das also einfach viel zu unentspannt? Wenn dem so sein sollte: Never mind!
Ansonsten, also wenn sich noch einer über die Entwicklung Gedanken macht, gerne her mit eurer Meinung.
Danke und Gruß, Baxter