Dies nur um zu verdeutlichen wie weit »Limits to Growth« von dem weg ist, was Sie als Kapitalismuskritik bezeichnet haben und was ich als Naturschutz bezeichne.
Kapitalismuskritik ist in meinen Augen kein Naturschutz. Die Abschaffung des Kapitalismus, also eine Umsetzung der Kritik, ist eine Voraussetzung für Naturschutz, aber man kann die Natur auch ohne Kapitalismus ruinieren. Die Sowjets haben das sehr schön mit dem Aralsee vorgeführt.
Aber Kapitalismuskritik ist nicht gleich Kapitalismuskritik. Die Leute haben nämlich ein ziemlich vielfältiges Verständnis davon, was Kapitalismus ausmacht. Ich bin aufgewachsen mit der Vorstellung, dass Kapitalismus lediglich ein weniger schönes Wort für das ist, was hierzulande gerne als Marktwirtschaft bezeichnet wird. Jetzt bin ich der Auffassung, dass beide viel miteinander zu tun haben können und es gegenwärtig auch tun, aber nicht dasselbe sind. Ich habe den Eindruck, dass diejenigen, die vom Kapitalismus profitieren, teilweise selbst nicht wissen, was das Wesen des Kapitalismus ausmacht, aber wo sie es wissen, haben sie natürlich ein Interesse daran, dass die Kritiker sich möglichst uneins sind, und das sind sie besonders dann ziemlich lange, wenn sie gar nicht wissen, dass sie uneins sind, weil sie thematisch nicht zum Kern der Sache vordringen.
In »Limits to Growth« geht es um den Kapitalismus, die kapitalistische Gesellschaft, möglicherweise um nichts anderes, denn Kapitalismus kann nur existieren, wenn es reales Wachstum gibt.
Na ja, ein virtuelles Wachstum reicht ihm auch, aber ohne Substanz hinter den Zahlen fehlt irgendwann die Kreditwürdigkeit, und dann kollabiert das Kartenhaus.
Gibt es das nicht, ist er vorbei. Das ist seit 2007/08 der Fall. Was man danach Finanzkapitalismus nannte, auch der ist gerade zu Ende gegangen, ...
Den Finanzkapitalismus gibt es m.E. schon länger, und er ist auch noch nicht vorbei. Schon die niederländische Tulpenhysterie Anfang des 17. Jahrhunderts war in gewisser Weise Finanzkapitalismus. Das sind ja immer irgendwelche Wetten auf irgendwelche Ereignisse, auch wenn man das heute nicht mehr Wetten nennt. Das Spiel ist noch nicht aus. So schnell geben die Milliardäre nicht auf.
Die Unmöglichkeit ewigen kapitalistischen Wachstums auf Grund endlicher Rohstoffreserven zu generalisieren und damit als »Umweltschutz« zu etikettieren ist natürlich eine geniale Idee - aus Sicht des Kapitals.
Diese Genialität habe ich noch nicht nachvollziehen können, denn jeglicher Naturschutz wird von Kapitalisten zunächst als Verbotsschwall und damit als Profithemmnis wahrgenommen. Man muss ja zumindest sein Portfolio umschichten, etwa von AKW und fossil betriebenen Kraftwerken auf erneuerbare Energien. Das ist tägliches Business in der Geldanlage: Ob man von Postkutschen auf Züge umorientiert oder von qualmenden Schornsteinen auf Windräder, ist qualitativ für den Kapitalisten kein Unterschied.