Das Recht ist eine Krücke. Je mehr Recht, um so weniger Freiheit. Eine durch Rechtsverhältnisse, mit Gesetzen aufgeblähte Gesellschaft zeigt an, daß in ihr das gemeinschaftliche Beziehungsverhältnis erheblich gestört ist. Denn ansonsten bräuchte man nicht diesen ganzen aufgeblähten Rechtsapparat. Das Recht ist ein Krücke, die ein Mangel schöpferischen, d. h. echten freien Zusammenlebens, echter freier Beziehungen auf Grundlage der im Menschen liegenden (also brachliegenden) Menschlichkeit zum Ausdruck bringt. Der Kapitalismus bietet überhaupt keine Gerechtigkeit und gehört grundsätzlich abgeschafft, wenn man es mit der Gerechtigkeit überhaupt ernst meint. Denn im Kapitalismus wird letztlich alles schöpferische Abgezogen für einen End-Zweck: die Königsware Geld. Alle Diskussionen über Gerechtigkeit und Moral auf Basis dieser Warengesellschaft sind pure Verirrung.
Es gibt ein bahnbrechendes Buch hinsichtlich wahrer gerechter Verhältnisse, die zugleich schöpferische Verhältnisse der Beziehungen der Menschen untereinander sein müssen: N. Berdjajew: Von der Bestimmung des Menschen. Versuch einer paradoxalen Ethik. (Gotthelf-Verlag 1935 BERN-Leipzig)
Die Auseinandersetzung mit diesem Werk stellt in der Gegenwartsphilosophie bis heute ein erhebliches Desiderat dar. Denn es ist ein provokantes, für den ideologischen Zeitgeist äußerst gefährliches Buch. Und in Deutschland (BRD), so mein Eindruck, wird das "Thema" Berdjajew im erheblichen Maße schon seit Jahrzehnten unter den Tisch gekehrt. Oder in Artikeln wird die Wertschätzung Putins für Berdjajew letzterem negativ angehängt.
Übrigens verschenkt W. Putin gerne Bücher Berdjajews an seine Freunde und Kollegen, obwohl Berdjajew ein äußerst radikaler Geist vor allem auch gegen die weltlichen und im hohem Maße zerstörerischen Machtverhältnisse ist und sich für die äußerste Minimierung von Politik ausgesprochen hat, da Politik immer auch ein Lügenverhältnis darstellt.
Siehe: http://www.berdyaev.com/