Nach meinem Eindruck hat der "IS" seinen Zenit überschritten, und
solche Aktionen bestätigen das. Nach den überraschenden "Blitzsiegen"
des letzten Spätsommers kommen die Truppen des Möchtegerngroßkalifen
kaum noch einen Schritt weiter. Über Raqqa wechseln sich die Bomber
der Luftwaffen Syriens und der amerikanisch-arabischen Koalition ab,
YPG und Peshmerga dehnen langsam aber sicher ihren Einfluss wieder
auf zuvor verlassenes Territorium aus, britische Spezialkommandos
töten jede Nacht unvorsichtig umherstehende Dschihadisten.
Was der sogenannte "IS" noch zuwege bringt: Man verbrennt heldenmütig
einen wehrlosen Gefangenen, den man nichtmals selbst vom Himmel
geschossen hat. Man brüstet sich damit, die Ermordung von zwei
Dutzend ägyptischer Gastarbeiter durch Geistesverwirrte in Libyen als
eigene Schandtat auszugeben. Man entführt auch ganz heldenmütig ein
paar Hundert unbewaffnete assyrisch-christliche Zivilisten. Das ist
Boko-Haram-Niveau. Diese ganz, ganz mutige Bande ist sich ja auch
nicht zu peinlich, mit gewiss in einem militärischen Geniestreich
überwältigten Schulkindern zu posieren. Was den "IS" und Boko Haram
unterscheidet, ist wohl die Geographie. Während die Locos von Boko
Haram trotz des Anspruchs im Namen "Westliche Bildung verboten"
zynisch gesagt mangels Besserem nur ein paar Negerhütten
niederbrennen können, was halt recht unspektakulär ist, wüten die
Daesh in einem jahrtausendealten Kulturraum an der Wiege westlicher
Zivilisation, wo jede verirrte Granate Schlagzeilen bringen kann,
weil etwas historisch Bedeutendsames in der Schusslinie steht. Das
ist's auch, was denen den aktuell sinkenden Zulauf bringt. Aleppo,
Mossul, das sind dank Karl May und seiner internationalen
Schriftstellerkollegen anziehendere Namen als diese böhmischen Dörfer
im Norden Nigerias.
Und, nicht zu vergessen, die irakischen Streitkräfte bereiten sich
groß angekündigt auf die Rückeroberung von Mossul vor.
Insofern ist der Zeitpunkt dieser religiös verbrämten
Vandalismusaktion kein Zufall, die aber kein Zeugnis von Stärke ist.
Die bisherigen Schleifungen regionaler muslimischer Heiligtümer mögen
ja noch Sinn gehabt haben im Hinblick auf Zerstörung örtlicher
religiöser (Konkurrenz-)Autorität im Pseudokalifat. Das Austoben an
den Zeugnissen des Glaubens an längst vergessene Götter ist jedoch
weder Kampfansage an reale Mächte noch Machtfestigung. Es erinnert an
dumme Kinder, die in ein verlassenes Haus einsteigen und, durch die
Außenwände Einblick und Zugriff Erwachsener entzogen, erstmal alles
kaputtschlagen, weil sie nicht befürchten müssen, dass jemand nach
Hause kommt und sie überrascht. Der Zerstörungsakt ist dabei eine
Machtillusion von armen Geistern, die außerhalb dieser isolierten
Welt gerade das nicht haben: Macht. Was daran liegt, dass ihnen in
echter Konkurrenz mit anderen die Schöpfungskraft fehlt. Es ist kein
Zufall, dass die historischen Reiche, die der Nachwelt kulturell
bedeutende Zeugnisse hinterlassen haben, zugleich darauf aus waren,
die Kultur unterworfener Gebiete zu erforschen und sich nutzbar zu
machen, während die reinen Eroberer abgegangen sind, ohne sich
außerhalb der Chroniken der überlebenden Gegner zu verewigen. Gibt es
Anzeichen dafür, dass "IS" und Boko Haram zu einer Kulturleistung
fähig sind, die über das aufnehmen und Hochladen von Youtubevideos
von Mord, Zerstörung und Hasspredigten hinausgeht? Nach meiner
Ansicht nicht.
Man zertrümmert also in Mossul Artefakte nicht mehr existenter
Religionsgemeinschaften. Das ist ohne Frage eine Schande und ein
Verlust für die archäologische und historische Forschung, aber was
ist die Ansage mit aktueller realpolitischer Relevanz? Eigentlich
nur: "Wir tun das, weil wir es (noch) können." Was bedeutet, dass man
den Zeitpunkt sieht, wo man es nicht mehr kann. Es ist eine Botschaft
an die Zeit nach der Befreiung von Mossul: "Wir waren hier."
Es erinnert an die Nero-Befehle Hitlers, an die Anweisung, Paris vor
Einnahme durch die Alliierten zu zerstören, nur dass sich tatsächlich
Daesh-Deppen finden, die's tatsächlich tun. Zu mehr scheint es aber
nicht mehr zu reichen.
Das Pseudokalifat ist angezählt. Die Frage ist lediglich, wieviel
Zeit diesen Herostraten noch bleibt, um sich durch entsprechenden
Body- und Destructioncount einen höheren Platz in der Topliste
historischer Barbarei zu sichern.
solche Aktionen bestätigen das. Nach den überraschenden "Blitzsiegen"
des letzten Spätsommers kommen die Truppen des Möchtegerngroßkalifen
kaum noch einen Schritt weiter. Über Raqqa wechseln sich die Bomber
der Luftwaffen Syriens und der amerikanisch-arabischen Koalition ab,
YPG und Peshmerga dehnen langsam aber sicher ihren Einfluss wieder
auf zuvor verlassenes Territorium aus, britische Spezialkommandos
töten jede Nacht unvorsichtig umherstehende Dschihadisten.
Was der sogenannte "IS" noch zuwege bringt: Man verbrennt heldenmütig
einen wehrlosen Gefangenen, den man nichtmals selbst vom Himmel
geschossen hat. Man brüstet sich damit, die Ermordung von zwei
Dutzend ägyptischer Gastarbeiter durch Geistesverwirrte in Libyen als
eigene Schandtat auszugeben. Man entführt auch ganz heldenmütig ein
paar Hundert unbewaffnete assyrisch-christliche Zivilisten. Das ist
Boko-Haram-Niveau. Diese ganz, ganz mutige Bande ist sich ja auch
nicht zu peinlich, mit gewiss in einem militärischen Geniestreich
überwältigten Schulkindern zu posieren. Was den "IS" und Boko Haram
unterscheidet, ist wohl die Geographie. Während die Locos von Boko
Haram trotz des Anspruchs im Namen "Westliche Bildung verboten"
zynisch gesagt mangels Besserem nur ein paar Negerhütten
niederbrennen können, was halt recht unspektakulär ist, wüten die
Daesh in einem jahrtausendealten Kulturraum an der Wiege westlicher
Zivilisation, wo jede verirrte Granate Schlagzeilen bringen kann,
weil etwas historisch Bedeutendsames in der Schusslinie steht. Das
ist's auch, was denen den aktuell sinkenden Zulauf bringt. Aleppo,
Mossul, das sind dank Karl May und seiner internationalen
Schriftstellerkollegen anziehendere Namen als diese böhmischen Dörfer
im Norden Nigerias.
Und, nicht zu vergessen, die irakischen Streitkräfte bereiten sich
groß angekündigt auf die Rückeroberung von Mossul vor.
Insofern ist der Zeitpunkt dieser religiös verbrämten
Vandalismusaktion kein Zufall, die aber kein Zeugnis von Stärke ist.
Die bisherigen Schleifungen regionaler muslimischer Heiligtümer mögen
ja noch Sinn gehabt haben im Hinblick auf Zerstörung örtlicher
religiöser (Konkurrenz-)Autorität im Pseudokalifat. Das Austoben an
den Zeugnissen des Glaubens an längst vergessene Götter ist jedoch
weder Kampfansage an reale Mächte noch Machtfestigung. Es erinnert an
dumme Kinder, die in ein verlassenes Haus einsteigen und, durch die
Außenwände Einblick und Zugriff Erwachsener entzogen, erstmal alles
kaputtschlagen, weil sie nicht befürchten müssen, dass jemand nach
Hause kommt und sie überrascht. Der Zerstörungsakt ist dabei eine
Machtillusion von armen Geistern, die außerhalb dieser isolierten
Welt gerade das nicht haben: Macht. Was daran liegt, dass ihnen in
echter Konkurrenz mit anderen die Schöpfungskraft fehlt. Es ist kein
Zufall, dass die historischen Reiche, die der Nachwelt kulturell
bedeutende Zeugnisse hinterlassen haben, zugleich darauf aus waren,
die Kultur unterworfener Gebiete zu erforschen und sich nutzbar zu
machen, während die reinen Eroberer abgegangen sind, ohne sich
außerhalb der Chroniken der überlebenden Gegner zu verewigen. Gibt es
Anzeichen dafür, dass "IS" und Boko Haram zu einer Kulturleistung
fähig sind, die über das aufnehmen und Hochladen von Youtubevideos
von Mord, Zerstörung und Hasspredigten hinausgeht? Nach meiner
Ansicht nicht.
Man zertrümmert also in Mossul Artefakte nicht mehr existenter
Religionsgemeinschaften. Das ist ohne Frage eine Schande und ein
Verlust für die archäologische und historische Forschung, aber was
ist die Ansage mit aktueller realpolitischer Relevanz? Eigentlich
nur: "Wir tun das, weil wir es (noch) können." Was bedeutet, dass man
den Zeitpunkt sieht, wo man es nicht mehr kann. Es ist eine Botschaft
an die Zeit nach der Befreiung von Mossul: "Wir waren hier."
Es erinnert an die Nero-Befehle Hitlers, an die Anweisung, Paris vor
Einnahme durch die Alliierten zu zerstören, nur dass sich tatsächlich
Daesh-Deppen finden, die's tatsächlich tun. Zu mehr scheint es aber
nicht mehr zu reichen.
Das Pseudokalifat ist angezählt. Die Frage ist lediglich, wieviel
Zeit diesen Herostraten noch bleibt, um sich durch entsprechenden
Body- und Destructioncount einen höheren Platz in der Topliste
historischer Barbarei zu sichern.