Es ist eine ganz eigentümliche Form des Zynismus, wenn man - von links - immer aufs Neue betont, es gebe kein objektives Ernährungsproblem, es sei alles nur eine Frage der Verteilung.
Die unterstellt erreichbar optimale Verteilung, Vermeidung von Verlusten etc. wird es nie geben. Auch nicht, wenn man kontrafaktisch unterstellt, die Menschheit ändere hurtig ihr ökonomisches Betriebssystem, finde den ökonomischen Stein des Weisen und wirtschafte fortan gerecht und rational. Auch dann würde ein Teil des Angebauten verloren gehen, vor und nach der Ernte. Einen 100prozentigen Wirkungsgrad anzunehmen ist weltfremd.
Dass man 14,4 Milliarden Menschen ernähren könnte, ohne gleichzeitig die langfristig dafür nötigen Grundlagen zu zerstören, halte ich für ein von schöner Denken beflügeltes Märchen. Nur schon die Phosphatproblematik spricht dagegen. Die bebaubaren Flächen nehmen jährlich ab, die bebauten werden zu einem grossen Teil nicht nachhaltig bewirtschaftet. Änderte man das, würde der Heilungsprozess sich über Jahrzehnte hinziehen. Angerichtete Schäden verschwinden nicht einfach so, die Verschlechterung der klimatischen Verhältnisse geht auch im besten Fall noch sehr lange weiter.
Natürlich trifft es zu, dass nicht die Drittweltmassen die grossen Ressourcenvernichter sind, dass verhältnismässig wenig Reiche die planetaren Kapazitäten überbeanspruchen. Aber man kann es ja wohl niemandem, der oder die in elenden Verhältnissen lebt, verargen, auf einen gewissen materiellen Mindeststandard kommen zu wollen. Wenn man nun allen einen solchen zuerkennt und zusammenrechnet, kann man davon ausgehen, dass bereits heute die ökologischen Grenzen überschritten wären, auch wenn alle sich eng um diesen Mindeststandard herumgruppierten. (Von den Schwierigkeiten die privilegierte Milliarde zu diesem Verzicht zu bewegen, ganz zu schweigen.) Es sei denn , die Menschheit würde - hier ein Irrealis - sozusagen ruckartig lernen, viel viel effizienter zu wirtschaften. Schon nur die Bereitstellung vieler Millionen zusätzlicher Behausungen ist kaum nachhaltig zu stemmen.
Es gehörte zur Grundkompetenz einer mit Selbstbewusstsein ausgestatteten Art wie den Homo Sapiens, den eignen Bestand zu regulieren. Die Zunahme der Weltbevölkerung wird heute immer noch zu einem beträchtlichen Teil von natürlichen Faktoren bestimmt. Das muss dringend überwunden werden, es muss gelingen sie mit human verträglichen Mitteln zu stoppen und für eine ganze Zeit umzukehren. Die Erde ist nicht eine Raumstation in einem SF-Movie, in der man ausser Menschen nichts Lebendiges sieht. Alle anderen Lebensformen benötigen viel Lebensraum und Ressourcen, den wir ihnen zugestehen müssen, soll das alles nicht im Total-Crash enden.
Dieses Ziel ist menschenfreundlich erreichbar, lässt man sich nicht durch identitäre Ideologien leiten. Unter den realen Gegebenheiten ist jeder nicht geborene Deutsche, Schweizer, u.s.-Amerikaner, Australier eine wesentlich grössere Entlastung als ein nicht geborener Nigerianer, Inder...
Und noch ein Wort zu Malthus. Ja, er lag falsch, aber man muss sich auch den Preis dafür ansehen, den man bezahlt hat, um die Grenzen immer weiter hinauszuschieben. Und dieser Preis wird notgedrungen immer höher.