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  • elklynx

mehr als 1000 Beiträge seit 07.04.2004

Wenn "sozioalistisch" und "kommunistisch" genauso wie "links" verwendet werden

Hauptgrund für das Vermeiden der Begriffe links und rechts soll nun sein, dass sie zur Entmenschlichung der jeweiligen Gegner dienen sollen. Das wirkt verständlich, aber wie schon auf Seite 1 des Artikels steht, werden "sozialistisch", "kommunistisch" und "faschistisch" in gleicher weise ausgrenzend wirkend verwendet. Wenn "sozialistisch" und "kommunistisch" genauso wie "links" verwendet werden, dann ist die Analyse vielleicht doch nicht vorbehaltlos richtig und das Feindbild hat schon mit der echten politischen Haltung zu tun. Ich bin Sozialist und wüsste nicht, welche Bezeichnung diese Haltung, vielleicht zusammenfassend: "Bürgergeld/Sozialhilfe und Wohnung first und Umverteilung von reich zu arm, gegen Geburtsglück", besser in einem Wort zusammenfasst. Und ja, in Nordamerika ist der Begriff "links" seit 50 Jahren frei von Sozialismus, weil sich vor allem die USA überhaupt nicht vorstellen können, dass irgendjemand (außer den American Socialists um Cornel West) Sozialist sein könnte. Aber nur weil eine Gesellschaft Havok mit einem Begriff betreibt, müssen wir den Begriff ja nicht abschaffen. Wenn ich im Volk empirisch untersuche, was die Leute unter Apperzeption, Synthese und Entität verstehen, bekomme ich auch hoch veariierende Ergebnisse und zumindest den ersten der drei Begriffe versucht man heute zu vermeiden und spricht von Self-Awareness, was aber auch ein Bedeutungsschisma zwischen Philosoph:innen und Nicht-Philosoph:innen aufweist. Vermutlich wird keiner verlangen, Entität, Synthese usw. abzuschaffen, nur weil viele nicht wissen, was damit gemeint ist und Leser:innen sich das erst erschließen müssen.

Die letzten 50 jahre haben wir gut daran getan, uns im Schreiben so zu erziehen, dass wir auch außerhalb unserer Fachwelten verstanden werden. Aber wir sollten uns nicht nur darauf beschränken. Es ist OK, die Gesellschaft auch dazu zu erziehen, nicht jedem Misverständnis sofort aufzusetzen und alles nur dem Verfasser anzuschulden.

Eine Parallele zwischen heute und dem Aufflammen des Faschismus vor 100 Jahren ist die Ökonomisierung des Bildungswesens, in der streng arbeitsmarktisch nützliche Ziele evaluiert und davon ablenkende Inhalte gespart werden. Guckt mal die Feuerzangenbowle (1944) zu Sylvester und bestaunt, wie leicht Professor Schnauz als "68er" gedeutet werden kann. Wie Aldous Huxley seinem fiktionalisierten Henry Ford in den Mund legte: "History is bunk". Vielleicht sind unsere geisteswissenschaftlich-humanistischen Bildungsinhalte, die nicht immer leicht in ein empirisiertes Evaluationssystem passen, doch nicht so verzichtbar.

P.S.
Ich vergas das zu erwähnen: Wer Dagobert Duck dafür lobt, dass er mit seinem Glück am Clondyke "aus eigener Anstrengung zu Wohlstand" gekommen sei, und glaubt, dass Dagobert ein Beispiel für: "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied" sei und nicht nur für Glück, wer der ethischen Haltung von Friedrich Nietzsches Herrenmoral und Herbet Spencers Sozialdarwinismus folgt, der muss mich als Gegenpol zu seiner politischen Haltung begreifen. Das folgt aus den echten, inhaltlichen Schlussfolgerungen unserer Haltungen und nicht aus begrifflicher Verblendung.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (29.12.2023 11:23).

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