Ansicht umschalten
Avatar von Klaus N
  • Klaus N

mehr als 1000 Beiträge seit 28.09.2004

Re: millenaristische Verdammnis

blu_frisbee schrieb am 20.09.2020 19:55:

Bisher konnte der Kapitalismus expandieren, durch innere & äußere Landnahme an Allmenden. Inzwischen gibts nur noch wenige weiße Pünktchen auf dem Globus wo der Kapitalismus nicht ist (indigene Subsistenzbauern) und die reichen für eine nächste Akkumulationsrunde nicht aus.

Wir haben einen grundsätzlichen Dissens (naja, wir haben mehrere...):
Ich halte den Wachstums-"Zwang" im Kapitalismus für kontingent. Mit anderen Worten, wenn zusätzliche Akkumulation keinen zusätzlichen Profit mehr bringt, dann wird sie auch nicht stattfinden. Rein saldenmechanisch geht die Rechnung auf, es kommt nur darauf an, dass die Profite nicht mehr gespart (und reinvestiert) sondern konsumiert werden.

Was die Subsistenzbauern angeht: Das sind allerdings auch die am stärksten von Hunger bedrohte Gruppe (und wahrscheinlich auch diejenige, die die geringste Produktivität aufweist). Dem urbanen Proletariat geht's verglichen damit noch gut.

Das Kapital weiß doch selber nicht wies weitergeht. Eine Zeit lang kann man ja Geld drucken, inzwischen sind mindestens 10% der Firmen Zombies.

Ja. Ich hätte ja gerne den nächsten Kondratieff in Umwelttechnologien und Gerontologie, aber da kommt too little too late. Das Problem: Umwelttechnologie wird zwar Arbeit schaffen und die Lebensqualität verbessern, aber es wird die meisten Dinge teurer machen.

Ich wär doch auch dankbar wenn mich einer von der millenaristischen Verdammnis erlösen könnt. Aber ich wehr mich dagegen, als Religiot verunglimpft zu werden.
Ein "Et hätt noch immer jot jejange" tröstet mich nicht, ich will wissen!

Verunglimpfung war nicht beabsichtigt, ein bisschen provozieren schon.

Es ist ja nicht so sehr dass es "jot jejange", sondern das "boy who cried wolf"-Phänomen, verbunden mit einem veritablen Abscheu vor Diktatur und Tyrannei der Mehrheit das mich bewegt. Verbunden mit einer profunden Skepsis über die Machbarkeit eines demokratischen Sozialismus. Zu oft versucht, zu oft gescheitert.

Ich hatte bis vor drei oder vier Jahren noch die Hoffnung, dass wir mit den Trends
- technischer Fortschritt der sowohl zu
- steigendem Wohlstand als auch zu
- ressourcensparendem Wachstum führt und
- steigender Wohlstand der wiederum das Bevölkerungswachstum bremst bzw. umkehrt wir in 50 bis 100 Jahren bei einer nachhaltigen Wirtschaft sind.

(Überschlagsrechnung: 1% Wachstum + 3% Ressourcenersparnis würde zu einem um 63% niedrigeren Ressourcenverbrauch pro Kopf führen) edit: in 50 Jahren, in 100 Jahren wären es -89%

Aber das reicht nicht.
Das hat mich unter anderem vom Atomkraft-Agnostiker zum Atomkraft-befürworter gemacht, aber die Hoffnung, dass es dafür Mehrheiten gibt, habe ich aufgegeben.
Siehe Shellenberger, why I changed my mind about nuclear power:
https://www.youtube.com/watch?v=ciStnd9Y2ak

Staaten, die eine Alternative zum Kapitalismus bieten wollten, sind gescheitert oder haben den Kapitalismus eingeführt. Es gibt noch ein kleines gallisches Dorf (Kuba), aber das war's dann auch.

Na, was heißt "gescheitert"? Der Kapitalismus tut doch alles um denen das Leben schwer zu machen.

Im Ergebnis gescheitert, und Antagonismus und Widerstand gibt's immer. Die USA mussten auch den Unabhängigkeitskrieg, den Bürgerkrieg und WKII (ja, ich weiss, die UdSSR hat geholfen) um zum Hegemon zu werden.
Und für China waren die Steine, die ihnen der "Kapitalismus" in den Weg gelegt hatte bestenfalls Mückenstiche. Chinas Entscheidung zum Kapitalismus zu wechseln hatte wenig bis nichts mit aussenpolitischem Druck zu tun.

Es gibt welche die arbeiten dran.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ota_%C5%A0ik

Kannte ich schon. Im Prinzip eine genossenschaftliche soziale Marktwirtschaft? Im Moment allerdings noch beschriebenes Papier. Wie könnte ein Feldversuch aussehen? Idealerweise auf substaatlicher Ebene und mit Freiwilligen, da es in der Vergangenheit so oft in die Hose gegangen ist.

https://www.youtube.com/watch?v=f7KxIk9Y_r8#1:16:03_Bontrup_Demokratisierung_Wirtschaft

Bontrup und Decker und Hudson sind nicht mein Ding, und vor allem nicht als > Ein-Stunden-Video. Ich zweifle meistens schon ihre Prämissen an. Sorry.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (20.09.2020 21:30).

Bewerten
- +
Ansicht umschalten