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  • FlinxInFlux

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Re: Die Zeit ist günstig für eine Friedenslösung??

Mona schrieb am 03.01.2023 02:33:

Ich weiß nicht, wie man darauf kommt.

Das frage ich mich auch.

Auf allen Seiten wird massiv aufgerüstet - Putin war in Peking und Selenskyj in Washington - und die politmedialen Eliten auch im Westen in massivster Kriegsstimmung.

Diese Wahrnehmung kann ich nicht nachvollziehen. Richtig ist, dass so ziemlich alle Medien im Westen - beileibe nicht nur deutsche - analysieren, dass eine Unterstützung der Ukraine bei der Abwehr der russischen Aggression in unserem eigenen Interesse ist. Das gilt insbesondere für die EU, in der viele Staaten Mitglied sind, die allen Grund haben, sie vor weiteren Übergriffen Russlands zu fürchten.

Um das auch noch einmal ins Verhältnis zu setzen: Mir ist kein Kommentator bekannt, der fordert, in Russland einzumarschieren. Gleichzeitig wird in russischen Medien offen Drohungen gen Deutschland, Polen, dem Baltikum und Großbritannien publik. Russische Militärs haben z.B. im Sommer Szenarien im Staats-TV vorgestellt, in denen Russland Nuklearangriffe auf europäische Städte ausführt.

Russland eskaliert auch und sucht auch überhaupt keinen Ausweg mehr.

Korrekt. Durch die hastige Annexion hat Russland sich bewusst und mit voller Absicht der eigenen Möglichkeit beraubt, sinnvolle Verhandlungen über die Beilegung des Konflikts zu führen. Lt. kürzlich geänderter RU-Verfassung ist es verboten, auch nur die Abgabe der jüngst an Russland angeschlossenen Gebiete zu diskutieren (Artikel 67).

Was auch in sich ganz logisch ist, denn Kriege sind keine rationalen Unterfangen, sondern es ist eine emotionale Rausch-Stimmung, in der das Ende auch überhaupt nicht ernsthaft hinterfragt wird, sondern eher kollektiven Stimmungen gefolgt wird - was Kriege dann ja auch im Nachhinein so unverständlich macht.

Das sehe ich ganz anders. Der Überfall auf die Ukraine war aus meiner Sicht lange geplant und war auch kein Unterfangen, dass von wesentlichen Teilen der russischen Bevölkerung eingefordert wurde.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Ukraine, was Bodenschätze, Landwirtschaft sowie Infrastruktur angeht hat für Russland den Ausschlag gegeben, das Land - zumindest den Osten - unter seine Kontrolle zu bringen. Es war für Russland absehbar, dass sich das Land endgültig nach Europa und weg von Russland orientiert. Und um dies zu verhindern, wurde ein Krieg begonnen.

Was allenfalls interessant ist, ist die Frage, ob diese Stimmung auch genauso schnell wieder verschwinden kann oder sich noch steigern und dann zu einem direkten Eingreifen des Westens führen.

Das russische Volk hat aus meiner Sicht mehrheitlich kein Interesse an dem Krieg. Das ist für mich auch der Beleg, dass der Krieg für die Interessen einer kleinen korrupte Clique geführt wird. Für große Teile der ukrainischen Bevölkerung stehen hingegen extenzielle Fragen auf dem Spiel, weshalb deren Leute wesentlich motivierter sind.

Werden wir sehen. Klar scheint mir nur eins - Frieden hat keinerlei Aussichten.

Das sehe ich nicht ganz so. In den letzten Monaten ist deutlich geworden, wie sehr sich Russland militärisch überdehnt hat, als es sich entschied diesen Krieg mit allen Konsequenzen zu führen.

Sicherlich: Der Kreml ist davon ausgegangen - genauso wie manche Beobachter im Westen -, dass siebinnen weniger Tage die Führung in Kiew absetzen und ein monatelanger Stellungskrieg nicht nötig werden würde. Das erklärt imho auch, warum die Versorgung der Invasionstruppen so dilletantisch organisiert war. Niemand in Russland rechnete mit dieser Entwicklung.

Vieles hängt davon ab, wie häufig es der Ukraine gelingen wird, dem Angreifer schwere, öffentlichkeitswirksame Schläge zu verpassen. Gerade vorgestern gelang es der ukrainischen Armee ein Militärgebäude in mit Raketen zu beschießen, wobei bis zu 600 russische Soldaten zu Schaden gekommen sind:
https://www.nzz.ch/international/ukraine-krieg-himars-angriff-toetet-dutzende-russische-rekruten-ld.1719455

Dieser Vorfall illustriert - mal wieder - mit welcher Nachlässigkeit die russische Armee in der Ukraine Krieg führt. Letztlich gelang die Lokalisierung dieses Ziel in Donezk über Handydaten von hunderten russischen Soldaten, die gleichzeitig in einer Mobilfunkzelle eingebucht waren - und das in Feindesland. Zudem war offenbar direkt neben dem Gebäude Munition gelagert, was den Schaden noch umso größer machte.

Da können die in Moskau ihre militärischen Führer so oft austauschen wie sie wollen, an den strukturellen Problem dieser Armee ändert das nichts.

Zitat aus dem NZZ-Artikel:

Dass eine so grosse Zahl von Soldaten und Militärmaterial so grossen Umfangs nur wenige Kilometer von der Front in einem kaum geschützten Gebäude stationiert wurden, zeugt von der Gleichgültigkeit der russischen Generäle nicht nur der ukrainischen Zivilbevölkerung, sondern auch den eigenen Leuten gegenüber. Wie auch in Bachmut zu beobachten ist, werden diese als Kanonenfutter betrachtet. Entsprechend bitter sind die Kommentare über die «Debilität» und die «kriminelle Inkompetenz» der Offiziere. Die Suche nach einem Sündenbock dürfte bald zu einem Köpferollen führen, Kritik an Präsident Wladimir Putin verbietet sich jedoch.

Flinx

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