OmO0815 schrieb am 18.07.2022 14:30:
Auch damals, in der Zeit des eigenverschuldeten Niedergangs sprachen die osteuropäischen Staatssozialisten ständig von "konterrevolutionären Umtrieben", wenn sie von ihren Mitbürgern wg. der immer schlechteren allgemeinen sozialen und ökonomischen Lage kritisiert worden sind. Das Endergebnis kennen wir.
O.K.
Ich habe ja mittlerweile mitbekommen, dass der ultimative Vorwurf, den begriffsstutzige Westdeutsche glauben ihrer Regierung machen zu können, stets darin besteht, irgendwelche gesellschaftlichen Mißstände der BRD zu einem Spiegelbild der DDR zu erklären, weil dieselbe Regierung die DDR zum absolut Bösen erhoben hatte.
Aber auf diese Weise die Konterrevolution - sic! - von 1989/1990 zu einer Art Hungerrevolte, jedenfalls zu einer Folge der angeblich "immer schlechteren allgemeinen sozialen und ökonomischen Lage" umzuinterpretieren geht ja nun doch zu weit.
Was Westdeutsche wie Sie anscheinend auch nach 30 Jahren nicht geschnallt haben ist, dass es in der DDR keine Inflation gab, jedenfalls was sämtliche Waren und Dienstleitungen der Grundbedarfs im weitesten Sinne anbetraf. Von der Miete (1 DDR-Mark pro qm) über Strom, Gas und Heizkohle, Lebensmittel, Nahverkehrspreise, Telefonkosten, Bücher bis zum Bier in der Kneipe. Selbst der Zinssatz für Sparer bei der Sparkasse betrug über Jahrzehnte eisern 3,25 Prozent.
Wie sollte sich unter diesen Umständen die von Ihnen zitierte "allgemeine soziale und ökonomische Lage" verschlechtert haben?
Schauen wir in den Aufruf des Neues Forums "Aufbruch 89". Dort lesen wir gleich zu Beginn die damals übliche Diagnose:
"In unserem Lande ist die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft offensichtlich gestört. Beleg dafür ist die weit verbreitete Verdrossenheit bis hin zum Rückzug in die private Nische oder zur massenhaften Auswanderung.
Fluchtbewegungen diesen Ausmaßes sind anderswo durch Not, Hunger und Gewalt verursacht. Davon kann bei uns keine Rede sein."
> https://www.hdg.de/lemo/bestand/objekt/dokument-aufbruch-89.html
Reicht das?