SoundResident schrieb am 20.07.2024 11:00:
"Der Gerichtshof schafft tatsächlich eine gesetzesfreie Zone um den Präsidenten. Bei jeder Ausübung seiner Amtsgewalt ist der Präsident nun ein König, der über dem Gesetz steht."
Der Gerichtshof erschafft gar nix. Die Rechtslage ist eben exakt so.
Nein, Gerichte können im angelsächsischen Rechtsraum tatsächlich Gesetze machen.
Man nennt sie Präzedenzfälle, und sie können durch Gesetz oder ein höheres Gericht aufgehoben werden, aber in dem Fall war es der Supreme Court, so dass nur der Gesetzgeber noch was daran ändern kann.
In diesem Fall hat der Supreme Court gesagt: Der Präsident ist bei Amtshandlungen absolut immun, und dann haben sie den niedrigeren Gerichten aufgegeben, dass der Begriff "Amtshandlung" extrem weit auszulegen ist.
In einer früheren Entscheidung hat der Supreme Court allerdings das genaue Gegenteil gesagt: Der Begriff "Amtshandlung" sei extrem eng auszulegen. Er widerspricht sich da also selbst, und das ist in einem Rechtssystem, das Präzedenzfälle derart wichtig nimmt, eine mittlere Katastrophe, weil niemand mehr sicher sagen kann, was denn nun gilt.
Bei der früheren Entscheidung ging es um die Frage der Bestechlichkeit im Amt, wo es gegen einen republikanischen Gouverneur ging, und für den war es natürlich gut, wenn die Auslegung eng ist: Keine Amtshandlung, keine Bestechung. Ein Schelm, wer Übles dabei denkt.
Wenn einem das nicht passt so ist das legitim, aber die LEGISLATIVE ist dafür verantwortlich.
Nur ist die durch das Dem-vs-Rep-Gezänk nicht in der Lage, sinnvolle Gesetze zu erlassen.
Ich geb dir Recht, dass das das eigentliche Problem ist, aber der Supreme Court gibt obendrein noch Trump die Werkzeuge in die Hand, eine Dikatur zu errichten. Er könnte beispielsweise politische Morde befehlen, was klar illegal wäre, aber er wäre immun. Nicht mal seine Todesschwadronen könnte man anklagen, denn sie würden von Trump noch vor Prozessbeginn begnadigt.
So beginnen Terrordiktaturen.
Es hat sich eine völlig absurde Geisteshaltung etabliert unbequeme und unliebsame Entscheidungen an die Judikative auszulagern, auf beiden Seiten des Atlantik. Nehmen wir Roe v Wade welches gekippt wurde - über JAHRZEHNTE hätte man Gelegenheit eine solide Rechtsbasis zu schaffen, aus politischen Gründen hat man es sein lassen und ein Urteil welches aus formalen Gründen von Anfang an kritisiert wurde (Scalia sagte Mal so schön dass die Verfassung Abtreibungen weder verbietet noch erlaubt sondern sich einfach nicht darum kümmert und solche Fragen im politischen Prozess der LEGISLATIVE geklärt gehören - wo er halt Recht hatte) als Ausrede für Untätigkeit missbrauchte.
Erschreckend wie wenige Gewaltenteilung begreifen.
Es ging halt nicht.
Abtreibung ist ein zu geladenes Thema. Jeder, der da was angestoßen hätte, wäre sofort von Abtreibungsgegnern oder -befürwortern wüst angegriffen worden und könnte seine Wiederwahl sofort vergessen.
Ich geb dir Recht, dass das nicht gut war, aber kein Parlamentsmitglied hatte einen sinnvollen Grund, das Thema auch nur anzufassen, geschweige denn dafür oder dagegen zu stimmen.
Das System ist halt kaputt, es setzt die falschen Anreize.
Aber versuch, das System zu verändern, und du bist Revoluzzer und hast sie ALLE gegen dich, auf dem Weg kommt auch keine Verbesserung heraus.