Pnyx (1) schrieb am 09.12.2021 18:40:
Nein, finde ich nicht normal, jedenfalls nicht im Sinn von legitim. Es geht um Inhalte, nicht um mich oder Sie.
Also bitte. Wenn ich nach dem Sinnzusammenhang in ihrer Argumentation frage, ist das doch noch keine Übergriffigkeit! Sie haben schon des Öfteren Vermutungen geäußert, dass ich Ihnen etwas unterstellen wollte. Da habe ich mich bisher immer missverstanden gefühlt. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
Sie hingegen machen es aber regelmäßig nach tieferen und verdeckten Motivationen von Artikelschreibern und Forenten zu forschen und ihre Vermutungen dazu sehr ungezwungen zu verbreiten, um es mal freundlich zu umschreiben. Das ist eine ihrer Spezialitäten und Lieblingsbeschäftigungen. Im Gegenzug könnten Sie dann auf den anderen Seite ruhig ein wenig großzügig sein. Muss man da alles auf die Goldwaage legen?
Und übrigens ist das Gegenteil eines Idealisten kein Realist, sondern ein Materialist, wenigstens in philosophischer Hinsicht.
Also ein Materialist bin ich sicher auch nicht. Aber ich habe es auch nicht so mit diesen präzisen philosophischen Begrifflichkeiten. Ein Realist bin ich auch nicht, aber dieser Begriff taugt sicher auch nicht als Selbstbeschreibung.
Ein Idealist ist für mich jemand, der gewisse feststehende, wörtlich formulierte Wertvorstellungen hat, eine feststehende geistige Moral sozusagen, die kaum verrückbar ist - und wenn dann nur durch ebenso feststehende Ideale ausgetauscht werden kann.
Das Problem an solchen Haltungen ist, dass sie der Wirklichkeit immer wieder übergestülpt werden und gewissen dynamischen Entwicklungen der im Fluss befindlichen Wirklichkeit damit nicht mehr gerecht werden können.
Die Gesellschaft ist immer gespalten. Das sieht man beispielsweise an sehr knappen Wahlresultaten oder in einigen Staaten auch bei Sachabstimmungen. Es handelt sich um eine Flucht in die Metaebene und ist in gewisser Weise unredlich wenn man die Meinungsverschiedenheiten zum zentralen Thema hochstilisiert. Nicht die Auseinandersetzung an sich, sondern die Form, in der sie ausgetragen wird, kann zum Problem werden. Aber bei deren Beurteilung muss man fünfe gerade sein lassen und nicht gleich bei jeder Übermarchung den Teufel an die Wand malen. Dem Aufwallen der Emotionen folgt im Regelfall die Erschöpfung, nicht der Krieg.
Grundsätzlich kann ich dieser Beschreibung zustimmen. Aktuell ist mit "Spaltung der Gesellschaft" ja aber schon inbegriffen, dass die Art der Auseinandersetzung dabei ist zu eskalieren. Man kann der Auseinandersetzung ja auch kaum noch ausweichen, denn die Zeichen der Gruppenzuordnungen werden ja auch immer sichtbarer. Zum Beispiel wird man als Ungeimpfter immer mehr sichbar durch die ganzen Kontrollen und Zugangsbeschränkungen. Mehr noch aber kenntzeichnet zum Beispiel das Gendern oder nicht Gendern die Gruppenzugehörigkeit. Und es gibt noch eine Reihe mehr solcher Konfliktfelder...
Möglich ist, dass die aufgewallten Emotionen wirklich wieder flach fallen, wenn die Krise nicht mehr allzu lange dauert. Aber dann gibt es vielleicht Folgekrisen in der die gleichen Gräben wieder tiefer werden. In jedem Fall aber wird die Ausgrenzung von mindestens etwa 10-20% der Bevölkerung tiefe Spuren bei dieser Gruppe hinterlassen, die so schnell nicht vergessen werden. Es sammelt sich böses Blut und das womöglich für lange Zeit.
Und selbst bei mir sammelt sich einiges an Ärger obwohl ich weit entfernt von dieser Gruppe bin.
Man kann genauso sagen: Die Welt ist schon lange gespalten. Stimmt. Und schon lange ist das nicht in allzu gefährlichen Streit mehr ausgeartet. Aber dann doch; stehen wir jetzt wieder mal vor einer Situation wo es wieder vorstellbar wird. Und diese beiden Felder, die innergesellschaftliche Situation und die geostrategische scheinen mir manchmal von im Grunde ähnlichen Triebkräften befördert zu werden.
Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass gewisse Entfremdungserscheinungen recht wenig mit einer ansteckenden Krankheit zu tun haben, ebenso wenig wie mit flüchtenden Menschen. Diese Ereignisse fungieren als Katalisatoren, sie sind nicht der Stoff, aus dem die Entfremdung gewoben ist. Solange der Westen sich im Systemwettbewerb wähnte, hat er sich bemüht, die eklatant negativen Seiten seines ideologischen Überbaus zu mildern. Sobald das nicht mehr der Fall war, verstärkt noch aufgrund der schon fortgeschrittenen Phase des langen Wirtschaftszyklus, die zur Durchsetzung dessen führte, was man landläufig Neoliberalismus nennt, wurde jegliche Rücksicht aufgegeben. Der Kampf ums Soziale ist nun deutlich mühsamer, oft erfolglos. Man muss nicht zu den Opfern gehören, um dagegen Aversionen zu entwickeln. Mit Bewusstwerdung geht dieser Prozess allerdings selten parallel.
Ja, dem kann ich auch zustimmen. Corona oder die Flüchtlinge oder Gendern oder FFF oder Lastenfahrräder (gehts noch blöder?) sind natürlich nur die Katalysatoren. Doch sind es gleichzeitig dann auch Ansatzpunkte an denen man der Entwicklung positiv entgegenwirken könnte, anstatt sie noch zu befeuern.