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  • Subject: immer das gleiche Horn

mehr als 1000 Beiträge seit 17.04.2007

immer das gleiche Horn ...


Nur kurz:

Der Autor scheint sein Geschichtsstudium nicht sehr erfolgreich
betrieben zu haben, sonst waere ihm die hohe Bedeutung radikaler
Parteien in fast allen europaeischen Staaten zu dieser Zeit
aufgefallen. Wer den uebertriebenen Nationalismus der 30er Jahre allein
auf Deutschland reduziert, provoziert eine Missachtung bzw. eine
Steilvorlage fuer Extremisten. Der Autor scheint Italien, Griechenland,
Rumaenien, Ungarn, Oesterreich, Polen, Bulgarien, Spanien, Portugal und
in Ansaetzen Frankreich und Grossbritannien in seiner Untersuchung
nicht beachtet zu haben. Aus obiger Darstellung entsteht der falsche
Eindruck, dass dies alles Staaten ohne jegliche Diskrimminierung
ethnischer und politischer Minderheiten als auch radikaler Parteien
waren. Kausalitaeten zwischen einer vermurksten Nachkriegsordnung und
einer omnipraesenten politischen Radikalisierung der
mitteleuropaeischen Staaten werden nur ungenuegend diskutiert.

>
"Bei 6 Millionen Arbeitslosen ist es natürlich, wenn ein Volk
zu einer radikalen Partei tendiert."
In Abwandlung existiert diese Annahme heute immer noch, wie sonst
konnte man bei den Wahlergebnissen mit hohen rechtsradikalen
Stimmenanteilen annehmen, dass es sich um Protestwähler handeln
würde. Tatsache ist aber, dass auch andere Länder mit der
Arbeitslosigkeit zu kämpfen hatten und dennoch demokratische
Staatsformen beibehielten. <

Die Argumentation dieses Auszuges scheint sich im klassischen Rahmen
der gummiweichen linkslastigen und moralinschweren '68er Rhetorik zu
bewegen. Ansatzweise ist die aktuelle Geschichtsschreibung in diesem
Punkt schon weiter - zum Glueck. Die dt. Geschichte ist immer eine
europaeische, da die zentrale Lage des Landes dieses mit seinen
Nachbarn sehr stark verbindet. Dt. war in seinen sozialen,
wirtschaftlichen, religioesen und politischen Entwicklungen nie ein
Sonderfall. Alle in Dt. charakterisierbaren Entwicklungen lassen sich
problemlos auch mehr oder weniger stark in seinen Nachbarlaendern
finden.

Der naechste Punkt:

>Der zweite Teil des Buches zeigt Möglichkeiten und Methoden
einer Gedenkstättenpädagogik. Der Autor geht auch auf die
Befindlichkeit der Jugendlichen ein und erörtert unter anderem die
Aussage: "Auschwitz: Ich kann es nicht mehr hören." Im
Kern kommen drei Begründungen für diese Aussage. "1. Die
Verantwortung für diesen Teil deutscher Geschichte wird abgelehnt,
weil dieser nicht als persönliche Schuld empfunden wird. 2. Die
Jugendlichen verweisen auf die Verbrechen und Ungereimtheiten in
anderen Ländern, die sie anscheinend viel eher bewegen. 3. Es wird
gefragt, warum nicht die aktuellen, sozialen und gesellschaftlichen
Probleme gelöst werden, dies wäre wichtiger als die
Auseinandersetzung mit der Geschichte."<

verkennt das Problem voellig. Um eine Schuld empfinden zu koennen muss
eine Verantwortlichkeit existieren. Einer Enkelgeneration eine solche
zuzuweisen (oder zu wollen) bzw. aus einer solchen Handlungserwartungen
und -normen abzuleiten ist hahnebuechend. Erst recht bei einem
wachsenden Anteil Jugendlicher deren Eltern bzw. Grosseltern zur
fraglichen Zeit keine dt. Staatsbuerger waren (volksdeutsch:
Auslaenderkinder, d.h. klassische Migranten).

Weiterhin konnte die "Schuld der Deutschen" bisher noch nicht
schluessig erklaert werden. Fuer eine solche bedarf es neben der
Verantwortung auch einer gemeinsamen Identitaet der Einwohner der BRD
bzw. damals des Reiches. Entweder einer nationalen oder voelkischen als
den Grundlagen fuer die Verbrechen im Dritten Reich. Beide waren aber
schon damals vorsichtig ausgedrueckt sehr heterogen (ein enormes
Problem der Nazis) und existieren derzeit wohl bestenfalls rudimentaer.
Ohne gemeinsame Identitaet und Verantwortung ist eine Schuldfrage fuer
heutige Jugendliche abzuweisen. Die Punkte 1 - 3 sind fuer heutige
Heranwachsende daher voellig legitim. Der Anspruch des Autors aus der
Geschichte Handlungsmotive und Orientierungen fuer die Zukunft
abzuleiten wirft das Problem der Gewichtung auf. Wo liegt die Grenze
der Beruecksichtigung, bei den Gasangriffen der dt. Armeen, den
Uebergriffen dt. Kolonialexpeditionen, dem preussischen Kulturkampf in
den polnischen Provinzen oder den Progromen des Mittelalters?

Zu den zu korrigierenden und in der Diskussion leider noch einem
politischen und moralischen Maulkorb unterliegenden Theorien und Fakten
der Massenvernichtung im Dritten Reich moechte ich mich an dieser
Stelle aus Zeit und Platzgruenden nicht erschoepfend aeussern. Nur
soweit: in 30 Jahren werden die Angaben zu den Opferzahlen und deren
Zustandekommen andere sein als derzeit. Mit zunehmendem zeitlichen
Abstand und natuerlichem Verschwinden von Zeitzeugen wird die
Geschichtsschreibung eine Ueberarbeitung erfahren.
Diesem Prozess wird ein Ansichtswechsel unter anderem zu den
Vergasungen und Massenerschiessungen folgen. Schon alleine in dem
Aspekt, dass die Mehrheit der Opfer nicht vergast wurde, sondern
schlichtweg aufgrund katastrophaler hygienischer Umstaende und
mangelnder Verpflegung bei den Transporten und waehrend der
Inhaftierung an Krankheiten und Seuchen gestorben ist. (Was billigend
in Kauf genommen wurde und zum Teil beabsichtigt war.) Das Vergasen von
Millionen Menschen in wenigen zentralen Vernichtungslagern war und ist
technisch nicht ohne weiteres realisierbar. Die Probleme des angeblich
waehrend des Krieges betriebenen "Industriellen
Massentoetens" verdeutlichen derzeit die
Seuchenbekaempfungsmassnahmen im Zuge der MKS. Hunderttausende
Fremdtoetungen verlangen einen enormen Aufwand, der mit entsprechenden
Spuren einhergeht. An solchen mangelt es jedoch - zum Glueck fuer die
Ueberlebenden.

Zur Klarstellung: Mit meine Ausfuehrungen moechte ich keinesfalls
Verbrechen waehrend der NS-Diktatur leugnen (keine
"Auschwitzluege" !). Meiner Meinung nach muss deren
Darstellung jedoch stark relativiert und zum Teil auch gravierend
korrigiert werden. (Gegenrechnungen der Opferzahlen mit demographischen
Methoden anstelle Uebernahme ungepruefter Aussagen Einzelner wie
Eichmann sowie Durchfuehrung von technischen Machbarkeitsstudien,
Einfuehrung weiterer Aspekte in die Betrachtung etc.)

Das Wiederkaeuen der Position "max. Opferzahlen und
Schrecklichkeit = max. Betroffenheit und Abschreckung => positives
Verhalten" ist in einer Auseinandersetzung mit (potentiell)
radikalen Jugendlichen nicht sehr dienlich.

Gruss 

Alexander


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