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  • lwdragon

mehr als 1000 Beiträge seit 11.02.2000

Bin ich froh

Bin ich froh, daß ich mich in den 1990er nicht entschied, in die Forschung und Wissenschaft zu gehen, sondern in die Wirtschaft. Ein Bekannter war Physiker und machte mit mir einen Rundkurs in einem Kernforschungszentrum. Da erzählten er und ein paar seiner Kollegen mir mal, wie es so wirklich in der Forschung zugeht, und ich war bedient und wahrhaftig geschockt, eine Lebensillusion brach bei mir ein.

Vor dem Besuch hatte ich ein Ideal der Forschung und Wissenschaft im Kopf. Man ist der intellektuellen Redlichkeit verpflichtet, und es wird sachlich und neutral nach der Wahrheit oder Fakten geforscht. Statt dessen erfuhr ich, daß die Forschung durchdrungen ist von Machtkämpfen, Lügen, Betrug, Arroganz, Intrigen, Überheblichkeit und Alphaaffengehabe, daß es nur so kracht. Es menschelte sehr in der Wissenschaft, wo Fakten und Tatsachen eigentlich dominieren sollten? Stattdessen hier das gleiche wie überall. Egos aufgeblasen bis zum Getno verteidigt man - auch mit unfairen Mitteln und Methoden - seine Forschungsgebiete und Pfründe, auch wenn es tote Pferde sind. Publikationen werden - mit Anweisung und Absengung von ganz oben - in Meßergebnissen verfälscht und beschönigt, um gut dazustehen und sich als der große Forscher präsentieren zu können, und sich die weiteren Forschungsgelder mit Lug und Trug erschlichen werden. Unfähigkeit gepaart mit Scheuklappen und Arroganz an den übergeordneten Stellen, die anstatt weise mit Sachverstand und Vernunft kluge Entscheidungen treffen sollten, sich vom Machtgier und Kompetenzgehabe eher wie Diktatoren faschiod aufführen.

Und wehe, es wagte jemand auch nur einen Hauch von Kritik an dem System. Diese Häretiker wurden abgestraft, gemobbt und verbannt, und wenn es ganz schlimm lief, die Karriere für den Rest des Lebens ruiniert. Hexen- und Ketzerverbrennung auf modern eben.

Meine Güte, es war ein Lebenschock für mich. Bisher war Wissenschaft und Forschung, wo ich jahrelang als junger Mensch in allen Bereichen die Publikationen förmlich verschlang, eine Art heiliger Gral gewesen, wo Menschen idealisiert sich zusammenfinden, um gemeinschaftlich das Leben auf der Erde zu verbessern. Statt dessen genau der gleiche Mist, den man in Familien, Dörfern, Gemeinden, Vereinen, Schulen, Organisationen, Firmen, ÖD, Städten, Staaten und Ländern auf vielen Ebenen findet. Das sich das Konstrukt korrupte Politik auch in dem Bereich findet, wo sich eigentlich der Wahrheit und intellektuellen Redlichkeit verschrieben werden sollte, war für mich unfaßbar. Wenn ich Werbung und Anbiederung haben wollte, wäre ich dann lieber gleich in die Politik gegangen, da weiß ich wenigstens gleich, daß es ein verlogenes und durch und durch korruptes System ist. Somit war das Thema Wissenschaft und Forschung für mich zumindest erledigt, so was wollte ich nicht tun, und schon gar nicht unterbezahlt mit einen Haufen Überstunden mit wenig oder gar keiner Anerkennung. Ein System, daß Ja-Sager und nur Konfirmität belohnt, Kreativität und Innovationen, Kritik und Verbesserungen systematisch unterdrückt. Sogar im Gegenteil, Wahrheitsfindung, Redlichkeit und Aufrichtigkeit wird - wie in einer Mafia - bekämpft und unterdrückt, verleugnet und erpresst.

Aber ehrlich gefragt, muß das auf diese Weise sein?

Keine Frage, viele Forscher und Wissenschaftler tun ohne wenn und aber einen wichtigen Job. Und es ist bewundernswert, wie viele diese schlimmen Zustände hier ertragen müssen. Natürlich ist es nicht überall gleich schlimm und demütigend, und es gibt auch gute Vorgesetzte, die ihre Bereiche und Mitarbeiter vor diesen Intrigen beschützen.

Viele meiner Freunde und Bekannte haben diesen Weg gewählt, und berichten mir ebenso diese Dinge, die ich damals dort vermittelt bekommen hatte. Dieser Artikel, danke dafür, zeigt doch überdeutlich, daß es mittlerweile ein faules und träges System geworden ist, was Menschen mehr kaputt macht, deillusioniert und deprimiert. Den psychischen Schaden alleine für die Menschen dort, die das erleben müssen, die mit Idealen und kreativen Ideen die Welt verbessern wollen, und hier systematisch kaputt gemacht werden, ist unermeßlich.

In dem Tag ist wirklich etwas in mir gestorben, eine Illusion von anständigem Sein in der Forschung und Wissenschaft. Es macht mich bis heute traurig, aber auch frei. Bis heute frage ich mich, ob das wirklich so sein muß, und ob sich hier die Menschheit hier wirklich weiterentwickeln wird.

Nein danke, sage ich, und es ist schön, daß es solche Menschen wie den Autoren gibt, die sich gegen dieses korrupte und verkommene menschenverachtende System stemmen. Er hat aber auch Glück gehabt, daß unsere Justiz glücklicherweise an manchen Stellen doch noch neutral arbeitet.

Ich hätte diese Nerven nicht, Gratulation. Seit diesem Tag in den 90er gilt für mich: Forschung und Wissenschaft, so gerne ich dort gearbeitet hätte, nein danke. Dann lieber ordentlich Kohle in der Privatwirtschaft machen, daß man wenigstens etwas hat: Einen guten Lebensstandard.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (04.05.2020 12:55).

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