xM-ARTx schrieb am 25.03.2022 06:12:
Wer so in der Vergangenheit lebt, hat keine Zukunft.
Warum? Ist es nicht vielmehr andersherum: Wer die Vergangenheit verdrängt, vergißt oder ignoriert, für den kann es keine Zukunft geben? Es ist ja gerade das große Elend vieler Zeitgenossen, daß sie als Rücksichtslose (im doppelten Wortsinn!) natürlich auch für den Blick in die Zukunft blind sein müssen. Es ist logisch unmöglich, aus einem einzelnen Punkt eine Stoßrichtung abzuleiten - dazu bedarf es mindestens eines weiteren. Da die Zukunft aber noch unerfüllt ist, bleibt uns als einzige Methode, um Zukunft zu tätig zu formen statt uns ihr passiv auszuliefern, die Bezugspunkte in der Vergangenheit zu beachten und möglichst gut zu kennen. Wer dies nicht tut, ist zu einem Leben der kindlichen Unmündigkeit in einem beliebigen, ewigen „Jetzt“ rettungslos verdammt.
Es ist kein Zufall, daß die Grundvoraussetzung vieler Dystopien der unbedingte Verlust des Geschichtsbewußtseins ist (1984 mit seiner ständig umgeschriebenen Geschichte, Brave New World mit dem Leitsatz „History is bunk!“, usw.).
Nein, die Dame hält es genau richtig: Die Vergangenheit erforschen, Wunden behandeln, der Zukunft nicht ahnungslos entgegenstolpern. Und vor allem: Menschlichkeit bewahren, miteinander sprechen anstatt gegeneinander zu schweigen (obwohl sich aufgrund dunkler Flecken in der Geschichte leicht Argumente für letzteres finden ließen).