Der Vorwurf der Doppelmoral ist nicht auf den Krieg in Israel/Palästina begrenzt. Im Gegenteil, Doppelmoral ist allgegenwärtig, ob in Lybien, Syrien, Ukraine, ob Tibet, Taiwan oder Xinjiang. Dabei ist der Vorwurf der Doppelmoral ganz einfach widerlegt: Das politische Handeln ist überhaupt nicht durch Moral bedingt, lediglich die politische Propaganda benützt moralische Grundsätze, um das zu rechtfertigen, was aus strategisch-taktischen Gründen notwendig erscheint. Darauf sollten wir nicht mehr hereinfallen. Kriegsverbrechen werden nicht angeprangert, weil sie schlimm sind, sondern weil es jemanden nützt, sie anzuprangern. Und damit ist geklärt, warum russische Kriegsverbrechen anders behandelt werden als chinesische oder gar ukrainische, als aserbaidschanische oder türkische. Es geht nicht um die Kriegsverbrechen, es geht um propagandistische Munition gegen den Gegner.
Zielführender wäre es, die eigenen strategischen Ziele klar zu benennen und sie mit militärischer Stärke dort durchzusetzen, wo dies möglich ist, und zu verhandeln, wo dies nicht möglich ist.
In Palästina kann unser strategisches Interesse nur sein, Israel als Brückenkopf des Westens zu erhalten. Eine Rückgabe des Landes an die Palästinenser brächte nicht nur die 6einhalb Millionen Juden des Landes in tödliche Verlegenheit, sondern wäre ein empfindlicher, vielleicht der entscheidende Schlag gegen die westliche Hegemonie.
So wünschenswert es wäre, eine humanitäre Lösung für die Menschen im Gazastreifen zu finden, so ist es doch Teil der Doppelmoral, so zu tun, als ließe sich die Hamas bekämpfen, ohne diesen Menschen, mit denen die Hamas verwoben ist und aus denen sie hervorgeht, zu schaden. Die Bevölkerung ist doch das Faustpfand der Hamas. Dann werden, Mörserstellungen in Krankenhäuser und Schulen errichtet, und wenn dann dies militärische Ziel angegriffen wird, macht man Fotos von den zivilen Opfern und hofft auf das Empörungsmanagement der wohlgesonnenen Presse.
Doppelmoral ist es übrigens auch, der Ukraine genau so viele Waffen zu liefern, daß sie sich verteidigen können, aber nicht genug, daß sie gewinnen können.
Doppelmoral ist es auch, Blair und Biden nicht wegen des Irakkrieges anzuklagen.
Doppelmoral ist es, Assange eingesperrt zu lassen und gleichzeitig von freier Presse oder den westlichen Werten zu schwadronieren.
Unterm Strich ist Moral im politischen Kontext fast immer nur ein Propagandainstrument.
Moralischer wäre es, die eigene Stärke zu benutzen, um die eigenen Ziele durchzusetzen, als immer so zu tun, man würde einem höheren Ziel dienen. Das nehme ich zur Zeit keinem der politischen Protagonisten ab.