Pnyx (1) schrieb am 03.10.2024 02:48:
Flassbeck erzählt uns Mal für Mal dasselbe. Finanzielle Schleusen auf und alles wird gut. Aber was ist, wenn die Kaufkraft davon nur marginal berührt wird, weiter stagniert, weil relevant höhere Löhne aus Konkurrenzgründen nicht in Frage kommen? Nimmt der Konsum nicht deutlich zu, gibts auch keine Veranlassung in weitere Produktionskapazitäten zu investieren.
Das sehe ich sehr ähnlich, mit einer noch stärkeren Verschuldung wird man das Problem nicht lösen können. Auch bin ich der Meinung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass die Kaufkraft der Bevölkerung gestärkt wird. Ich bin aber nicht der Meinung, dass die Löhne wegen der (internationalen) Konkurrenz nicht steigen, das liegt doch viel mehr daran, dass insbesondere in Deutschland seit Jahren die Produktivität sinkt, und ohne steigende Produktivität werden die dringend benötigten höheren Löhne sowieso nicht realisierbar.
Hinzu kommt, dass die Politik der Ampel das wirtschaftliche Umfeld der Industrie, aber auch der einfachen Menschen sehr teuer gemacht hat, beispielsweise durch den Verzicht auf günstiges russisches Erdgas, aber auch das Heizungsgesetz und die zahlreichen neu geschaffenen Berichtspflichten für Unternehmen, die kaum etwas bringen und nur Kosten verursachen. Und allen die faktenwidrig behaupten, dass Russland den Gashahn zugedreht habe, möchte ich darauf hinweisen, dass Österreich, die Slowakei oder Ungarn weiterhin ca. 90 % des Erdgases aus Russland beziehen. Auch wenn die Politiker hierzulande oft und gerne erzählen, das Russland kein Gas mehr liefere wird diese Aussage nicht wahrer. Es entspricht schlicht und einfach nicht der Wahrheit! Diese Dummheiten senken die Produktivität, haben zur Rezession geführt, in der Deutschland seit rund 2.5 Jahren feststeckt und machen höhere Löhne unmöglich. Die handzahmen Gewerkschaften und die gerichtlich verfügten Streikverbote tun ihr Übriges, um die Reallöhne weiter auf breiter Front sinken zu lassen.
Mag sein, dass die mittlerweile angelaufene De-Globalisierung den einen oder anderen ausgesourcsten Arbeitsplatz zurückbringt, gleichzeitig ist sie allerdings für eine Exportmaschine wie Deutschland eine verhängnisvolle Entwicklung. Die Auslagerung fand ja nicht aus Jux und Dollerei statt, sondern wegen kapitalistischer Zwänge.
Ja, es wird schon so sein, dass der eine oder der andere Arbeitsplatz aus Asien abwandert. Angesichts des wirtschaftlichen Umfelds, das in Deutschland herrscht, werden diese Arbeitsplätze garantiert nicht nach Deutschland verschoben. Die Kosten dafür sind hier einfach viel zu Hoch. Die Bürokratie überbordet, die Steuern sind unattraktiv hoch, die Kriminalität steigt und es ist unsicher, ob und zu welchen Kosten Deutschland seine Industrie mit Energie versorgen kann. Die Äußerung von Robert Habeck, der sinngemäß sagte, dass die deutsche Wirtschaft künftig nur noch dann produzieren solle, wenn die Sonne scheine und der Wind wehe, war ein Offenbarungseid. Industriebetriebe können im Normalfall nur dann Geld verdienen, wenn die Auslastung 90 % überschreitet und das wird allein mit Wind und Sonne auf absehbare Zeit nicht möglich sein, von den im internationalen Vergleich exorbitant hohen Energie- und Rohstoffkosten ganz zu schweigen.
Eben diese blendet Flassbeck geflissentlich aus. Die aktuelle deutsche Krise hat naturgemäss einen Mix von z. T. hausgemachten Ursachen,
Das sehe ich auch so. Meiner Meinung nach ist dies einer der wenigen Lichtblicke. Was man selbst verbockt, das kann man auch selbst korrigieren.
die wirklich zugrundeliegende ist aber in der Aporie zu sehen, die es bedeutet, wenn ein Wirtschaftssystem auf ewiges Wachstum in einer endlichen Welt angewiesen ist. Mit vielen buchhalterischen Tricks, etwa der Aufgabe zuvor heiliger monetaristischer Dogmen, hat man sich nochmals Jahrzehnte weitergeschleppt, allerdings auf Kosten derjenigen, die im Tieflohnsektor zu arbeiten gezwungen sind. Da war noch Luft im System, jetzt aber kaum noch.
Sicherlich hat jedes Wachstum seine Grenzen. Allerdings wurde die gleichen, bzw. ähnlichen Argumente schon Anfang des 20. Jahrhunderts geäußert. Ich bin diesbezüglich aber weitaus weniger pessimistisch. Sicher, die Wirtschaft wird sich verändern (müssen), aber die Begrenzungen liegen doch hauptsächlich in der Fantasie der Menschen. Die Menschen werden in der Zukunft genauso auf uns zurückschauen und unser Leben als "primitiv" nach ihren Maßstäben als primitiv beurteilen, wie wir das mit unseren Ahnen machen. Wenn wir nicht in den Sozialismus abrutschen, sondern weiterhin eine dynamische Marktwirtschaft pflegen, so ist davon auszugehen, dass wir auch die Schwierigkeiten unserer Zeit bewältigen können werden.
Was aber sicherlich nicht zur Lösung beitragen kann, ist eine durch die Politik vorgegebene kleinteilige Regulierung und Kontrolle der Wirtschaft. Ein derart dynamisches System kann man nicht engmaschig und von oben herab verwalten und kontrollieren, das ist viel zu komplex, eine solche Idee nenne ich größenwahnsinnig. Wir erleben gerade, wie die Ampel das Versucht und jedes (gut gemeinte) Gesetz hat zahlreiche unerwünschte, oft gegenteilige Wirkungen entfaltet, worauf weitere Gesetze gegen die unerwünschten Wirkungen diskutiert wurden - wohl in der naiven Hoffnung, dass diese Gesetzte und Vorschriften dann keine unerwünschten Wirkungen entfalten werden. Für mich zeigt das nur eines, auf diesem Weg werden die Probleme nicht lösbar sein. Die Veränderungen müssen von unten nach oben wachsen und sie können nicht von oben nach unten "befohlen" werden.
Das insbesondere von Grünen viel beschworene Mantra, dass wir die Probleme nur mit einem Degrowth unserer Industrie bewältigen können, halte ich für eines der großen Missverständnisse unserer Zeit. Wir werden die Probleme wohl nur mit einer dynamisch wachsenden Wirtschaft lösen können, die über klug gestellte Rahmenbedingungen die Wirtschaft in die gewünschte Richtung lenken. Nur so wird man den Rest des Planeten "mitnehmen" können und nur so es gelingen den CO2-Ausstoss weltweit zu reduzieren. Was aber mit jeder Garantie scheitern wird, ist, ein globales Problem mit lokalen Maßnahmen bewältigen zu wollen.
Also hat man sich nunmehr auf die altbewährte Kriegshetze verlegt.
Auch hier muss ich Ihnen leider zu 100 % recht geben, auch ich gehe davon aus, dass die massive Kriegshetze, die uns jeden Tag begegnet, ihre Ursache darin hat, dass gewisse Kriese glauben, dass man einige der drängendsten Probleme mit einem Krieg lösen könne. Es ist mir aber völlig unverständlich, wie man zu dieser Einschätzung gelangen kann, ein kurzer Blick in die Geschichte sollte einem eines Besseren belehren.