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  • pi-c

114 Beiträge seit 26.10.2003

Re: Und wieder einmal eine Vergewaltigung der deutschen Sprache...

mipani schrieb am 09.09.2017 16:17:

Jörg Maaß schrieb am 09.09.2017 12:23:

"Grafuk mit der bisherigen Zugabahn"
"Hurrikan irma"
"von Süd nach Nord durch ziehen wird"
"rund 740 Tausend Menschen"

Ich fürchte nur, dass diese Rechtschreibprüfung die letzten beiden der obigen Teilsätze nicht beanstandet hätte. Meine in meinem Browser als Add-On vorhandene Rechtschreibprüfung moniert dort nichts, im Gegensatz zu den anderen beiden Sätzen.

Warum sollte sie auch? Dort ist schließlich alles korrekt geschrieben, denn jedes einzelne Wort ist im Wörterbuch auffindbar! Natürlich enthält ein gutes Wörterbuch auch zusammengesetzte Wörter -- aber eine automatische Rechtschreibprüfung gleicht eben nur den gegebenen Text mit dem Wörterbuch ab. Um zu entscheiden, welche mögliche Variante im jeweiligen Kontext richtig ist, benötigt man keine automatische, sondern eine intelligente Rechtschreibprüfung.

Zur Zeit sollte man solche Entscheidungen wohl noch Menschen überlassen. In Zukunft wird das, so fürchte ich, nicht mehr nötig sein -- nicht etwa, weil die Technik so viel besser wird, sondern weil sich die Menschen an das gewöhnt haben werden, was ihnen ständig vorgesetzt wird.

Beispielsweise ist die größte Tageszeitung in unserer Region sehr stolz auf ihr Projekt "Zeitung in der Schule": Schulen werden mit Zeitungsexemplaren beliefert, die Zeitung wird in den Unterricht integriert, die Schüler setzen sich mit Artikeln auseinander, diskutieren und schreiben darüber. In bestimmten Abständen gibt es dann eine Seite mit (gekürzten?) Beiträgen der Schüler und der obligatorischen Menge Selbstbeweihräucherung. Eigentlich wäre ja nichts dagegen einzuwenden -- wenn nicht diese Zeitung so bekannt wäre für die vielen Fehler, die sie enthält. Es gibt wohl keine Ausgabe ohne orthographische und grammatische Fehler, und auch inhaltliche Patzer sind keine Seltenheit. (Ob eine Frau Meier, die auf der Straße nach ihrer Meinung zu einem Thema befragt wurde, nun 45 oder 54 Jahre alt ist, interessiert mich nicht wirklich; weichen aber schon bei einer solchen Lappalie die Angaben im Artikel und in der Bildunterschrift voneinander ab, ist das Grund genug für mich, auch den anderen Informationen nicht weiter über den Weg zu trauen, als ich die Zeitung werfen kann.) Kann man ernsthaft erwarten, dass Schüler, die bei so einem Projekt mitmachen, sich später noch für die Feinheiten korrekten Sprachgebrauchs interessieren werden?

PS: Wie passend! Gerade erzählten mir die Nachbarn, dass in besagter Zeitung ein bestimmtes Objekt zum "Tag des offenen Denkmals" angepriesen worden sei; ab 10 Uhr sollte es geöffnet sein. Vor Ort fanden sie dann heraus, dass die Besichtigungen erst am Nachmittag stattfinden werden. Das ist zwar kein Drama, aber doch bezeichnend! :-D

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