Emil14, du solltest den Originaltext des JCPOA ansehen, nämlich hier https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/annex_1_nuclear_related_commitments_en.pdf
"Iran will not pursue construction at the existing unfinished reactor based on its original design and will remove the existing calandria and retain it in Iran. The calandria will be made inoperable by filling any openings in the calandria with concrete such that the IAEA can verify that it will not be usable for a future nuclear application. In redesigning and reconstructing of the modernized Arak heavy water research reactor, Iran will maximise the use of existing infrastructure already installed at the current Arak research reactor."
Um es nochmal deutlich zu sagen: dies ist kein Text der Israel-Lobby, sondern "Annex I – Nuclear-related measures" der Vertragsdokumente. Es war auch nicht Israel, das an den Verhandlungen bekanntlich gar nicht beteiligt war, sondern Frankreich, vertreten durch den damaligen Außenminister Fabius, das in dieser Frage den größten Druck gemacht hat.
Es ist vielleicht von Vorteil, dass die "leeren Behauptungen" speziell zu diesem Thema mehr Aufmerksamkeit erlangen. Zum besseren Verständnis eine grobe Übersicht:
- Arak ist ein Schwerwasserreaktor, der als "IR40" (40 MWatt) schon lange im Bau ist. Das Reaktorgebäude steht, ein Reaktorgefäß ist vorhanden, an das ein Kühlsystem angeschlossen ist. Die Brennelemente will der Iran selbst - in Isfahan - produzieren.
- Eine Anlage zur Produktion von Schwerwasser ist in Arak schon lange erfolgreich in Betrieb.
- Schwerwasserreaktoren sind hochgradig verdächtig, militärischen Zwecken zu dienen, weil das bei praktisch allen Atomwaffenstaaten so ist. Deshalb war Arak neben den Zentrifugen das zweite Top-Thema bei den Verhandlungen um den JCPOA.
- Die westlichen Delegationen forderten, der Iran solle anstelle des IR40 einen international üblichen Forschungsreaktor errichten. Khamenei beschied das mit einem klaren Nein ("rote Linie").
- Der ehemalige IAEA-Inspektor Oli Heinonen hatte diese Kontroverse vorausgesehen und den Vorschlag unterbreitet, einen Schwerwasserreaktor mit einem veränderten Design zu akzeptieren. Auf seine Anregung hin befasste sich ein norwegischer Student namens Torsten Willig in seiner Abschlussarbeit mit diesem Thema: durch eine Mischung von Natururan mit leicht angereichertem Uran als Brennstoff könne die Plutoniumproduktion des Reaktors gesenkt werden - von etwa 6 kg p.a. auf etwa 4kg.
- In Wien wurde darüber verhandelt, das alte Calandria (Bezeichnung des Reaktorkessels im Schwerwasserreaktor) unbrauchbar zu machen und eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die das neue Reaktorkonzept erarbeitet und an der Umsetzung beteiligt ist.
- Khamenei verfügte: Zerstört wird hier nix!
- Der Kompromiss bestand darin, die Zu- und Ableitungen des Calandria zu zementieren. So konnte die eine Seite sagen, es ist (fast) nichts zerstört worden und die andere konnte sagen, der Kessel ist unbrauchbar. Kritiker des JCPOA haben schon 2016 darauf hingewiesen, dass der Schaden am IR40 nur sehr gering sei und leicht rückgängig gemacht werden könne.
- Nach dem Ausstieg der USA aus dem JCPOA verlangt die iranische Außenpolitik einen Ausgleich, den die Europäer leisten müssten, z.B. beim Zahlungsverkehr. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, arbeiten die Iraner mit dosierten Erpressungen: wir fangen wieder an, mehr Uran anzureichern als die vereinbarte Obergrenze / wir reichern über 3,5% U235 an / wir machen mit dem IR40 in Arak weiter.
- Dabei stellt sich heraus, dass es tatsächlich leicht zu sein scheint, die Unbrauchbarkeit des IR40 wieder rückgängig zu machen. Wie gesagt: das war sowieso zu befürchten.
- ob das eine leere Drohung ist oder tatsächlich so gemacht wird, ist unklar. Der neue modifizierte Schwerwasserreaktor soll in Zusammenarbeit mit China realisiert werden und besser als der alte IR40 sein. Warum sollte Iran das aufgeben und obendrein China ärgern?
- Die eigentliche Neuigkeit von Salehi ist nicht, dass ein Foto von einer angeblich in Gänze zubetonierten Calandria eine Fälschung ist. Bei dem betreffenden Foto war auf den ersten Blick zu erkennen, dass es retuschiert war. Die eigentliche Neuigkeit ist, dass er in Absprache mit Khameinei Ersatzröhren für die zubetonierten Zu- und Ableitungen beschafft hat. Hierfür muss es eine Bestellung und eine Lieferung gegeben haben. Dem Lieferanten muss es aufgefallen sein, dass der Iran den gleichen Set, den er schon bezogen hat, erneut geordert hat. Der Lieferant hat dazu geschwiegen.
- Die zweite Neuigkeit Salehis bestand darin, dass er angab, der IR40 sei ein altes russisches Modell (also auch von Russland geliefert). Das war speziell für diejenigen eine Neuigkeit, die den Verdacht hegten, der IR40 gehe auf den Karlsruher MZFR zurück.
- Nun muss Russland eigentlich den Vorwurf entkräften, den zweiten Set des Röhrensystems für die Calandria geliefert zu haben und Lawrow muss den Vorwurf entkräften, er habe sich schon während der JCPOA-Verhandlungen darüber amüsiert.
- Torsten Willig wusste in seiner Diplomarbeit bereits darüber zu berichten, die Brennelemente des IR40 würden jenen des russischen RBMK ähneln, d.h. jedes Bündel von Brennstäben besitzt einen eigenen Kühlkanal. Das ist das entscheidende Moment (nicht die Menge des PU p.a.). Dies erlaubt nämlich den Austausch von Brennelementen während des laufenden Betriebs. Was wiederum kaum von der IAEA zu kontrollieren ist. Nicht nur der RBMK, auch der MZFR und die argentinischen Reaktoren Atucha 1 und 2 haben diese "vorteilhafte" Eigenschaft.