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  • Leser2015

476 Beiträge seit 19.11.2015

Re: Methodisch unsinnige, extrem zynische Studie – kleine Zahlenkorrektur!

Leser2015 schrieb am 18.08.2020 00:38:

Diese Studie von Dr. Jeremy Faust et al. mag für New York City von historischem Interesse sein, doch eine Übertragbarkeit auf andere Regionen scheitert daran, dass sich die Autoren zur Bestimmung der Mortalität auf nur 61 Tage im Jahre 1918 (1.10. bis 30.11.2018) beschränken ("the incident rates of all-cause mortality New York City during the peak of the 1918 H1N1 influenza pandemic"), die besonders schlimm waren; sie hätten ebenso gut die tödlichste Woche oder den tödlichsten Tag wählen können.

Klar, trotz der sehr speziellen Perspektive verursachte die Spanische Grippe gegenüber Covid-19 eine deutlich größere Übersterblichkeit (Exzessmortalität) im gewählten 61-Tage-Untersuchungszeitraum; nämlich durch die Spanische Grippe einen Anstieg von üblicherweise 102,56 von 100.000 Einwohnern monatlich Verstorbener auf dann 287,17 (+180% bzw. +184,61 Grippe-Tote pro Monat & pro 100.000 Einwohnern), während durch Covid-19 ein Anstieg von sonst 48,69 von 100.000 Einwohnern monatlich Verstorbener auf 202,08 (+215% bzw. +153,39 COVID-19-Tote pro Monat & pro 100.000 Einwohnern) zu beklagen war. Die Differenz der Exzessmortalität beträgt 31,22 Todesopfer pro 100.000 Menschen.

Wirklich unappetitlich wird es in der Diskussion der Befunde, wo die Studienautoren darauf beharren, dass der prozentuale Anstieg der Todesopfer durch COVID-19 schließlich größer sei als einst durch die Spanische Grippe in den betrachteten Zweimonatszeiträumen, jeweils bezogen auf die normalen Mortalitäten der jeweiligen Zeit – also das höhere Plus von 215 Prozent durch COVID-19 gegenüber den nur 180 Prozent in 2018 durch die Spanische Grippe im Vergleich zum Basissterblichkeitsrisiko.

Das ist echt zynisch, denn die verglichene Übersterblichkeit in New York durch die Spanische Grippe war im Untersuchungszeitraum doch tatsächlich um 31,22 Todesopfer pro 100.000 Menschen größer!

Gerundet starb vor hundert Jahren in New York City jedes Jahr ungefähr ein Prozent der Bevölkerung, an was auch immer, und heute zum Glück nur noch halb so viel, doch wie wäre die Sterblichkeit durch eine neue Seuche in einem Entwicklungsland zu werten, in dem das fiktive Basisrisiko zu sterben pro Jahr schon in normalen Zeiten zehn Prozent beträgt – wäre da eine Seuche überhaupt noch schlimm?

Und nur als Ausblick, wie es nach ungefähr einem Jahr COVID-19-Pandemie aussehen müsste, wenn die Autoren auch nur ansatzweise im Recht wären, dass beide Infektionskrankheiten ähnlich gefährlich seien: Weltweit stürben an COVID-19 dann 200 Millionen Menschen, allein in den USA zwei Millionen!

Quellen:
https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2769236?resultClick=3
https://de.wikipedia.org/wiki/Spanische_Grippe
https://de.wikipedia.org/wiki/Weltbev%C3%B6lkerung
https://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_der_Vereinigten_Staaten
https://de.wikipedia.org/wiki/New_York_City#Bev%C3%B6lkerungsentwicklung

Müsste im zweiten Absatz korrekt +315% (statt +215%) heißen, entsprechend im dritten das höhere Plus von 315 Prozent (statt 215 Prozent), ändert aber sonst nichts am Gedanken.:-)

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