Honig ist teuer geworden, aber das hätte nicht unbedingt sein müssen. Imker sind oft Einzelkämpfer – natürlich hilft die Familie mit, aber sich einen Mitarbeiter zu leisten, wäre finanziell unmöglich. Mit den Bienen selbst hat man wenig Arbeit, aber alles drumherum kostet viel Zeit. Die Honigernte ist recht mühsam, und wenn ein Volk krank wird, ist das eine Katastrophe, denn dann muss alles inspiziert werden.
Körperliche Belastung: Die in Deutschland meistgenutzten Beutesysteme sind zu groß und stellen daher eine körperliche Herausforderung für die Imker dar. Ich höre immer wieder von Kollegen, die mit der Rente ihre Völker stark reduzieren oder rechtzeitig aufhören. Am traurigsten ist jedoch, wie schwer es ist, einen Nachfolger zu finden.
Das größte Problem: Die Tracht und die Landwirtschaft
Ein entscheidender Faktor für die Honigproduktion ist das Nahrungsangebot für die Bienen – die sogenannte Tracht. Leider sind Monokulturen auf den Feldern ein riesiges Problem. Quadratkilometerweit gibt es oft nur eine einzige Kultur, die, wenn überhaupt, nur ein paar Wochen blüht – danach finden die Bienen kaum noch etwas zum Sammeln. Dieses Problem auf dem Land hat sich in den letzten Jahren verschärft, da viele landwirtschaftliche Kulturen mit der Konkurrenz aus Nicht-EU-Ländern nicht mehr mithalten können. Das führt dazu, dass die Bauern oft nur noch das anbauen, was staatlich subventioniert oder am profitabelsten ist
Raps, Raps und wieder Raps. Es ist kein schlechter Honig, aber auch keine Delikatesse.
Ein bewusster Imker kämpft darum, Felder zu finden, die entweder gar nicht oder nur sehr wenig mit Pestiziden und Herbiziden behandelt werden – denn alles landet letztlich im Honig.
Stadtbienen im Paradies aber auch mit Leid.
Anders sieht es in den Städten aus: Hier gibt es eine viel größere Vielfalt. Neben Kleingärten mit Tausenden von Blumen- und Obstbaumsorten gibt es große, gepflegte Parks, die typisch für deutsche Städte sind. Zudem sind die Stadtbewohner in den letzten Jahren bienenfreundlicher geworden und bepflanzen ihre Balkone mit echten Bienenbuffets.
Aber auch hier ist nicht alles rosig. Wespen sind ein riesiges Problem für die Bienen – nicht, weil sie sich mit ihnen die Blüten teilen, sondern weil Wespen und Hornissen Bienen jagen und fressen. Sie lauern direkt vor dem Bienenstock und greifen müde Bienen an, die gerade von einer anstrengenden Sammelreise zurückkehren. Als wäre das nicht schon schlimm genug, breitet sich seit einigen Jahren die Asiatische Hornisse immer weiter nach Norden aus. Diese invasive Art kann ganze Bienenvölker auslöschen.
Die größte Bedrohung: Parasiten und Krankheiten
Doch die größte Plage für die Bienen sind Parasiten – allen voran die Varroamilbe. Dieser Schädling saugt das Blut der Bienen und schwächt das gesamte Volk, was unbehandelt oft zum Tod führt. Die vorhandenen Behandlungsmethoden sind jedoch ebenso quälend. Um die Varroamilbe zu bekämpfen und das Überleben der Völker im Winter zu sichern, müssen die Bienen mit verschiedenen Substanzen behandelt werden. Zwar sterben dadurch die Milben, aber oft auch viele Bienen. Diese Behandlungen sind zudem teuer, und ständig kommen neue, angeblich revolutionäre Methoden auf den Markt – immer noch teurer und nicht weniger belastend für die Bienen.
Eine langfristige Strategie, um das Problem zu lösen, gibt es bislang nicht - und das ist traurig. Es gibt zwei Lager: Die einen sagen, man sollte gar nicht mehr behandeln und darauf warten, dass sich resistente Bienen entwickeln. Die anderen suchen und suchen weiterhin nach einer Wundermethode – das „El Dorado“ einer perfekten Lösung ist jedoch noch nicht in Sicht. Doch ob mit oder ohne Behandlung – die Zahl der Völker und ihre Produktivität nehmen ab.
Hinzu kommt die Einführung nicht einheimischer Bienenrassen, die eine höhere Produktivität versprechen. Diese kreuzen sich mit den heimischen Bienen, die sich über Millionen von Jahren an das hiesige Klima und die Flora angepasst haben.
Klimawandel – Fluch oder Segen für die Bienen?
Der Klimawandel spielt ebenfalls eine Rolle: Der Frühling beginnt immer früher, der Herbst wird wärmer – was zunächst vorteilhaft für die Bienen erscheint. Doch wenn es im Januar oder Februar plötzlich 14 °C warm wird, fliegen die Bienen los, finden nichts, erschöpfen sich und fressen ihre Vorräte auf, was das Volk in eine Hungersnot stürzen kann. Außerdem kann es passieren, dass sie sich zu weit von ihrem Stock entfernen. Wenn die Temperatur dann plötzlich unter 10 °C fällt, erfrieren viele auf dem Heimweg. Die Zahl der Völker, die den Winter nicht überleben, ist in den letzten Jahren rasant gestiegen.
Es gibt also viele Faktoren, die die Honigproduktion in Europa immer schwieriger und teurer machen.
Dass gepanschter Honig – meist aus Nicht-EU-Ländern – dennoch den Binnenmarkt überschwemmt, ist ein Versagen der Institutionen. Auch der Großhandel trägt Verantwortung: Die Händler wissen genau, wo und was sie einkaufen. Wer hier an die Unschuldsvermutung glaubt, ist naiv.
Hohes Honigkonsum ist übrigens auch nicht besonders gesund – lieber weniger konsumieren, dafür aber in besserer Qualität.
Strategien für eine nachhaltige Honigproduktion in Europa
Es gibt viele Faktoren, die die Honigproduktion in Europa immer schwieriger und teurer machen. Doch welche Strategie sollte man verfolgen?
1. Konsequente Handelsregeln für Importe
Wenn die EU hohe Standards für ihre eigene Landwirtschaft setzt, dann sollte sie konsequent sein und sicherstellen, dass Importe den gleichen Anforderungen unterliegen. Das bedeutet nicht, andere Länder mit europäischen Normen und Standards zu neokolonialisieren, sondern lediglich, dass alles, was in den EU-Binnenmarkt gelangt, denselben Regeln folgen muss wie die Erzeugnisse europäischer Landwirte und Imker.
Das hätte gleich mehrere Vorteile:
Mehr Diversifizierung in der europäischen Landwirtschaft: Bauern könnten sich wieder stärker auf verschiedene Kulturen konzentrieren, statt nur auf wenige rentable, subventionierte Produkte.
Höhere Qualitätssicherung: Honig, Olivenöl und viele andere Produkte müssten auf ihre Echtheit geprüft werden, bevor sie in den europäischen Markt gelangen.
Bessere Kontrolle von Importen: Da Importhonig oft in großen Mengen kommt, wäre es sinnvoll, diesen systematisch zu überprüfen, während kleinere Betriebe mit weniger als 100 Völkern von solchen Prüfungen ausgenommen werden könnten.
2. Klare Kennzeichnung & Schutz für kleine Imker
Eine besondere Nomenklatur für kleine Imker wäre sinnvoll, um Verbraucher besser zu informieren. Bei Wein gibt es bereits verschiedene Qualitätsbezeichnungen (z. B. DOP, IGT), die den Ursprung und die Produktionsweise kennzeichnen. Ähnliches könnte für Honig eingeführt werden, indem lokale Honiggesellschaften geschützte Herkunftsbezeichnungen fördern.
Außerdem sollten kleine Imkereien mit bis zu 100 Völkern von verpflichtenden Qualitätstests befreit werden, während größere Betriebe – auch innerhalb der EU – regelmäßig geprüft werden sollten.
3. Schutz vor invasiven Arten & Kontrolle heimischer Wespen
Naturschutzbehörden müssen mehr Aufmerksamkeit auf invasive Wespenarten wie die Asiatische Hornisse legen, die Bienenvölker gefährden. Aber auch ein unkontrolliertes Wachstum heimischer Wespenpopulationen kann zum Problem werden, wenn es das ökologische Gleichgewicht stört.
4. Eine „Varroa-Moment“ – Endlösung für das größte Problem der Imkerei
Die Honigindustrie braucht ihr eigenes „Reblaus-Moment“, wie es die Weinbranche vor 150 Jahren erlebte. Die Reblauskrise führte damals zu einer Neuausrichtung des Weinbaus – genau das brauchen wir jetzt für die Varroa-Milbe. Bienen mit Chemikalien zu vergasen, kann keine langfristige Lösung sein.
5. Internationale Märkte differenziert betrachten
Man muss vorsichtig sein, wenn es um internationale Märkte geht. China, Äthiopien oder die Ukraine sind nicht das Hauptproblem. Europäische Imker produzieren immer noch nicht genug, um den gesamten Bedarf zu decken. Doch einige EU-Länder hätten das Potenzial, ihre Produktion zu steigern – das sollte anerkannt werden.
Gezielte Förderung von hochwertigen Importhonigen: Honig aus Äthiopien, Brasilien, Indien oder Südostasien ist oft eine seltene Delikatesse. Der Import solcher Sorten könnte erleichtert werden, sofern glaubwürdige Lieferketten bestehen.
Honigproduktion als Entwicklungshilfe: In vielen Ländern des Globalen Südens könnte die Förderung der Imkerei dazu beitragen, Einkommensquellen zu schaffen, die Umwelt zu schützen und die biologische Vielfalt zu fördern. Statt billigen, gepanschten Honig zu importieren, sollte die EU Anreize für nachhaltige Honigproduktion in Entwicklungsländern setzen.
6. Die blinden Flecken in der Ukraine-Politik
Die Türkei wird oft für ihren gepfuschten Honig- und Olivenölmarkt kritisiert – zu Recht. Doch die Ukraine ist seit ihrer EU-Kandidatur ein blinder Fleck geworden. Riesige Mengen Honig gelangen von dort in den EU-Markt – oft aus Feldern mit massivem Pestizideinsatz oder mit Pilzsporen kontaminiert, die eine Gefahr für europäische Bienen darstellen.
Früher wurde darüber berichtet, jetzt scheint es niemanden mehr zu interessieren. „Augen zu und alles wird gut“ ist jedoch keine Strategie.
Fazit: Ein fairer Honigmarkt Die europäische Honigproduktion wird durch viele Faktoren erschwert: unkontrollierte Billigimporte, Parasitenbefall und Umweltveränderungen. Eine Lösung erfordert:
✅ Gleiche Standards für alle – auch für Importhonig.
✅ Mehr Schutz für kleine Imkereien & klare Herkunftskennzeichnungen.
✅ Konsequente Kontrolle von invasiven Arten wie der Asiatischen Hornisse.
✅ Eine langfristige Lösung für die Varroa-Milbe – ohne chemische Massenvernichtung.
✅ Eine realistische Betrachtung des internationalen Honigmarkts – ohne Doppelmoral.
✅ Honigproduktion in Entwicklungsländern als nachhaltige Alternative zu billigen Massenimporten fördern.
Ohne eine klare Strategie wird Honig in Europa nicht nur teurer, sondern könnte langfristig zur Mangelware werden