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  • the observer

mehr als 1000 Beiträge seit 18.07.2001

Re: Mit dem Terminus "Wissen" rate ich eher zur Vorsicht

tallinn schrieb am 06.07.2017 15:27:

Hokkapokka schrieb am 06.07.2017 00:44:

Auch die Wissenschaft weiß, das sie nichts weiß! Sie hat (im Gegensatz zur Kirche) keinen Wahrheitsanspruch!

Sie arbeiten statt mit Glauben mit mehr, oder weniger bestätigten Hypothesen. (Besser mehr, als wenig. Soweit es sich einrichten läßt...)

Am Ende muß man Konstatieren, da man dem Glauben nicht zwangsläufig das Wissen entgegenhalten sollte. So wird Wissen schnell wieder zum Glauben...

Heutzutage muss man solche Ansichten gradebiegen.

Die Wissenschaft hat im Rahmen ihrer Erklärungsdomäne durchaus einen Wahrheitsanspruch. Es gibt einen objektiven Wahrheitsbegriff (jeder kann sich davon überzeugen, dass etwas bestimmte Eigenschaften hat), und reproduzierbare Naturbeobachtungen sind bspw. wahr.

Kleiner Einspruch: Da müssen wir differenzieren, denn es gibt unterschiedliche Bedeutungen des Begriffs der Wahrheit. Ein Mathematiker wird darunter etwas ganz anderes verstehen als ein Philosoph oder ein Naturwissenschaftler.

Die Wissenschaft arbeitet auch nicht mit Hypothesen, also Vermutungen, sondern mit Theorien (Newton: "hypothesis non fingo!").

Das wäre mir aber neu. Hypothesen sind Bestandteil bzw. Phasen der Theoriebildung.

Theorien sind Modelle der Natur, die an die beobachtbaren Eigenschaften der Natur andocken und Wirkungszusammenhänge zwischen ihnen mathematisch beschreiben. Dabei kann eine Theorie Elemente enthalten, die keine Entsprechung in der Natur haben, nicht unmittelbar beobachtbar sind, aber als mathematische Objekte geeignet sind, Wirkungszusammenhänge zwischen Beobachtbarem darzustellen. Für solche Elemente wird keine Wahrheit beansprucht. Hinsichtlich ihrer Vorhersagen zu Beobachtungen haben die Theorien aber einen Wahrheitsanspruch, an dem sie sich auch messen lassen müssen. Und wenn eine Theorie sich bewährt, dann ist sie "wahr".

Auch hier würde ich von vorläufigem Wissen sprechen, immer mit dem Zusatz "fallibel". Aber niemals von einer wahren Theorie. Da ist wieder der Unterschied zwischen den beiden Wahrheitsbegriffen: In der Mathematik, in der Aussagenlogik, kann ich Wahrheiten sehr präzise bestimmen, in den Naturwissenschaften geht das nicht so.

Edith meint noch, der Unterschied zwischen einer Theorie und einer Hypothese ist der, dass eine Theorie aus Beobachtungen heraus entwickelt wird, während eine Hypothese eine Vorauserklärung von etwas ist, was noch gar nicht beobachtet wurde. Die Beobachtung steht bei der Theorie am Anfang, bei der Hypothese am Ende.

In der Evolution der Naturwissenschaft seit Newton sind bestehende Theorien immer in neueren aufgegangen, waren in ihnen als Spezialfall für die bisherige Erklärungsdomäne enthalten. Wirklich verworfen wurde seit Newton nur noch wenig.

Auch Hypothesen werden oftmals aus empirischen Erkenntnissen heraus entwickelt. Nur sind sie noch nicht so streng und formal wie eine Theorie; sie stellen sozusagen die Vorstufe dar.

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