Ein weiteres Problem besteht in der Fragilität der Speichermedien selbst. Wartet die steinerne Inschrift mit einer mittleren Überlieferungsdauer von etwa 10.000 Jahren auf, verliert Pergament seine Speicherfähigkeit nach durchschnittlich 1.000 Jahren, die Filmrolle nach 100, und die Vinylplatte mag ihre Tongebilde – abhängig von Nutzung, Qualität und Lagerung – nach rund 50 Jahren auf ewig preisgeben. Als besonders kurzlebig erweisen sich die Datenträger des "digitalen Zeitalters".
Also bei den steinernen Inschriften hängt es doch schon sehr schwer von der Exposition ab. Etliche Grabsteinplatten aus dem Spätmittelalter sind schon heruntergetreten und auch Grabsteine verwittert. Zudem können und sollen die nicht aus ihrem Kontext entfernt werden. Farben und Verbundmaterialien: Besonders übel. Pergament, Holz, Papier und Co. brauchen brauchen ein optimales Microklima, um nicht zu vergammeln.
Bei Filmen und Tonträgern sieht es auch sehr übel aus, denn der Knackpunkt sind auch die Abspielgeräte und auch die Belastung der Materialien bei der Nutzung. Die olle Fimrolle reißt und jede Belichtung durch den Projektor verschlechtert den Film. Die Farben verändern sich im Laufe der Zeit. Das wirkliche Konservieren ist extrem teuer und zieht auch eine schleichende Verschlechterung der Qualität nach sich.
Die Bemühungen, sämtliche Inhalte durch wiederkehrende Reproduktion auf fabrikneue Träger über jene Lebenszyklen hinaus zu retten, stößt ebenfalls auf das Problem, dass kaum jemand willens oder gar in der Lage wäre, für ein solches Unterfangen dauerhaft die erforderlichen Ressourcen aufzubringen.
Bei digitalisierten Produkten ist das nicht wirklich ein Problem. Ein komplette Uni-Bib passt digitalisiert auf die Festplatte eines Laptops. Die Kopie dieser FP auf eine andere FP dauert maximal ein paar Stunden. Mit klassischen Methoden? Eine Lebensaufgabe.
Denn obgleich dem Lesepublikum de facto keine Inhalte vorenthalten wurden, hatte es sich doch mit einer in mehrfacher Hinsicht nachteiligen Ersatzlösung zu arrangieren. Mindestens ebenso schwerwiegend wie die praktischen Konsequenzen vor Ort – unergonomische Handhabung, Erschwerung oder Verunmöglichung wissenschaftlichen Arbeitens – mag jedoch die Tatsache gewesen sein, dass den Besuchern die Rolle des zersetzenden Schädlings zufiel, vor dem die Wissensspeicher zu schützen waren.
Also ich ziehe einen digitalen Schmöker jeder Buchform vor. Im Job nicht einmal ansatzweise praktikabel. Unbequem, langsam und ein irrer Platz- und Arbeitsaufwand.
Sicher ist es toll auch so eine alten Schmöcker, möglicherweise auch noch eines der seltenen Originale in der Hand zu halten. Aber im Grunde gilt dort das selbe, wie bei den Malereien in den Gräbern in Ägypten. Jahrtausende lang überdauert, in wenigen Jahrzehnten von den vielen Besuchern dahingerafft.
Zur Ursprungsfrage:
Ist das Kunst, oder kann das weg?
In der Regel kann das weg. Und es sollte auch weg.
So wie jedes Kind lernen muss, dass nicht jedes Spielzeug und jedes tolle Bildchen bis in alle Ewigkeit aufbewahrt wird, gilt das auch für die Trivialitäten des Alltags.
Ob man denn nun in 500 noch den Drafi mit seinen Machwerken kennen muss, wage ich schon zu bezweifeln. Das Wissen steigt ja ohnehin exponentiell und alleine die Sichtung kostet entsprechend Zeit. Da kann man wenigstens etwas am Exponenten drehen.
Allerdings haben auch schon die Technik-Museen erkannt.
Da wurden oft nur die besonderen Automobile einer Epoche konserviert und ausgestellt. Das vermittelt dann oft einen komplett verkehrten Eindruck über die damalige Zeit, denn die Brot-und-Butter-Autos, die wirklich die Epoche prägten, wurden abgeritten und landeten in der Schrottpresse.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (24.05.2022 14:56).