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  • marasek

mehr als 1000 Beiträge seit 16.11.2001

Um das zu beurteilen, müssen wir uns die Frage nach dem Ziel stellen.

Was ist das Ziel der deutschen Coronapolitik? Sicher nicht das Leben der Alten. Wenn das Priorität hätte, sähe es allgemein anders aus.

Ich sehe bei Corona mehrere Hauptgefahren:
-Das Virus verbreitet sich durch die Symptomfreiheit vieler Menschen sehr schnell, deswegen hat man sehr viele Patienten im Gesundheitssystem, wodurch die Kapazitäten überlastet werden. Wenn das passiert, hat man vermeidbare Tode, weil man dann auch an einer akuten Blinddarmentzündung sterben kann.
-Man hat Langzeitschäden bei einigen derer, die die Krankheit durchgemacht haben; wenn die danach nicht mehr voll arbeitsfähig und chronisch krank sind, sind sie eine Belastung für die Volkswirtschaft (sorry, so denken diese Leute).
-Das Virus kann sich verändern, in welche Richtung, ist nicht vorhersehbar. Je weiter es verbreitet ist, desto öfter kann es mutieren.
-grundsätzlich besteht bei einer akut eskalierenden Situation die Gefahr chaotischer Zustände und des Kontrollverlusts, weil Menschen irgendwann aus ihrer Sicht rational, gesellschaftlich aber irrational handeln werden (Flucht aufs Land = individuell Schutz, gesellschaftlich Verbreitung des Virus).

Das Ziel der Politik ist nachvollziehbarerweise, die Anzahl der Infektionen klein zu halten. Das geht über eine Impfung, wenn man eine hat, oder eben über Kontaktvermeidung. Bei letzterem kann man dann diskutieren, welche Maßnahmen effektiver sind und welche nicht. Da man hier in DE das Thema Arbeitsplatz und zuvor Schule ("Schulschließungen sind Werkschließungen") flächig ausklammert, sind natürlich alle anderen Maßnahmen in Frage gestellt. Es hilft nichts, nochmal zwei Riegel an die Vordertür zu packen, wenn die Hintertür offen bleibt.

Natürlich muss die Regierung auch die Wirtschaft am Laufen halten, aber hier zeigt sich halt auch das Problem unseres Systems: dort, wo China sagen kann, hier ist jetzt mal zwei Monate Ruhe, alles ist ausgesetzt, geht das bei uns nicht, weil ja fast alles auf Schulden aufgebaut ist. Selbst wenn man hier Lebensmittelmarken ausgeben und uns fast alle daheim lassen würde, und die Miete und die Kredittilgungspflicht aussetzen würde, käme das Problem ja zu den Banken und zur Börse - und da hat man zu viele Verflechtungen, die man nicht mehr entzerren kann.

Also muss die Regierung einen Spagat zwischen Antivirus einerseits und Wirtschaft andererseits machen und der ist letztlich kaum zu schaffen.

Nun zur Ausgangsfrage - ist Schwedens Politik erfolgreicher? Hinsichtlich der Todeszahlen nicht, betriebs- und volkswirtschaftlich wird man das erst später beantworten können. Da Schweden aber auf einfach zu erreichende Maßnahmen mit wenig negativen Folgen verzichtet, denke ich, dass es in der Gesamtabwägung schlechter dastehen wird.

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