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  • Emrymer

mehr als 1000 Beiträge seit 28.08.2020

Re: Das Tausch kann auch anders geregelt sein - ohne "Wertermittlung"

Wenn Du der Gesellschaft einen Meter Graben ziehst und dafür 1kg Möhren bekommst, hat das Grabenziehen eben den Wert 1kg Möhren.

Ich kontere Ihr "Nein": das ist sachlich falsch.
Denn das Grabenziehen und die Möhren setzen nur Sie zwanghaft in einen Zusammenhang, den es tatsächlich gar nicht gibt.

Ich ziehe einen Graben. Weil ich dazu beauftragt bin, weil die Gemeinschaft den Graben braucht. Und damit ist alles zum Grabenziehen gesagt.

Ich brauche Essen. Und die Gemeinschaft gönnt mir das. Also bekomme ich Möhren. (Danke, ich mag Möhren in der Tat sehr :-)!) Und damit ist alles zu den Möhren gesagt.

Ich brauche eine sichere Schlafgelegenheit. Und die Gemeinschaft gönnt mir das. Also bekomme ich ein Bett in einem wind- und wettergeschützten Raum. Und dazu ist alles zu dem Raum mit Bett gesagt. Er steht in keinem Verhältnis zu den Möhren, dem Grabenziehen, dem Rasenmähen und der Herstellung von Apfelgelee.

Der Versuch, alles in Gold-gegen-Gold umzurechnet, scheitert an der Wirklichkeit, in der kein Wert ermittelt wird. Das gute Wort gegenüber jemand, der sich schlecht fühlt, hat keinen Münzwert. Die Nackenmassage gegen die Schmerzen vom Grabenziehen hat keinen Münzwert. Und wenn die Möhren aus dem eigenen Beet stammen, haben noch nicht einmal sie einen Münzwert. Die witzige Unterhaltung, der ich zuhöre, hat keinen Münzwert. Und das Spiel der Fünfjährigen mit dem Einjährigen mit ihrem gemeinsamen Gelächter ist einfach unbezahlbar.
Nur verzweifelte Misanthropen brauchen einen Wert in Gold(äquivalenten) und schreiben ihn dann eben zu (wogegen sich das Graben, die Möhren und die Massage nicht wehren können, leider).

Es sei denn, man bekommt auch ohne, dass man etwas gibt.

Darauf läuft es hinaus, aber nur in strikter Verbindung zum korrespondierenden "Man gibt, ohne daß man etwas bekommt."
Tatsächlich ist es so, daß die Gemeinschaft Dinge gönnt, ohne zu rechnen. Darauf beruhen sehr viele Unrechtserfahrungen: warum bekommt der faule Typ, die bequeme Typin das alles, und ich, der ich mich abrackere, habe nur dies wenige...?
Weil die Gemeinschaft der einzige Weg zum Überleben ist, wird es hingenommen. Aber ein realer Wert wird selbst bei der Unrechtserfahrung nur wenigen Dingen (Haus / Raum, Mobiliar, Ausstattung, ...) zugeschrieben, um ihn vergleichen zu können. Das meiste bleibt "unbewertet": Kontakte, Zuwendung, Zeit...

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