Herr Jödicke, erlauben Sie, daß ich zitiere.
Sie schreiben über die Problematik der Generation Z, die sich nicht über Arbeit definieren will, sondern, ich höre es hinten herum lauthals schallen, den Wohlstand in Wellness und ohne die Ecken und Kanten zu genießen, die das Leben normalerweise bereit hält.
Beginnend mit dem Interview von Jens Spahn, kontern Sie mit dem Vergleich, Pflegekräfte mit jungen Berufsanfängern gleichzustellen:
"im Netz auf scharfen Widerspruch – auch und vor allem von Pflegekräften – und stehen im Kontrast zu den Vorstellungen junger Berufsanfänger, die sich eine bessere Work-Life-Balance wünschen"
Mit Verlaub, es ist dreist, Menschen, die einen extrem herausfordernden Beruf ausüben, mit dem WLB-suchenden "Entrepeneur" zu vergleichen. Die durchschnittliche Verweildauer Pflegeberufen beträgt sieben Jahre (physisch, psychisch, Probleme übrigens, über die geredet werden sollte!)
Im Anschluß diskreditieren Sie die Forderung nach Arbeitsleistung statt Hundetraining mit folgender Abwertung:
"Man war froh Teil einer Redaktion sein zu dürfen und sagen zu können: "Wow, danke, dass ich hier atmen darf."
Was wohl bedeuten soll, Arbeitsleistung statt privates Hundetraining während der Arbeitszeit schnürt dem armen Lohnabhängigen die Luft ab. Das steht für sich!
Danach fabulieren Sie über Anekdoten, die zwar sporadisch aufträten, dann aber schon summarisch in sozialen Medien kulminieren und Getöse hervorrufen.
Wobei hier mein Lieblingszitat erscheint:
"Nur ist seit der Antike umfassend belegt, dass Menschen manchmal einen kruden Unsinn von sich geben, über den sie kaum oder überhaupt nicht nachgedacht haben. "
Sie dachten wohl nicht direkt an sich. Ich genieße es.
Als nächstes sprechen Sie eine gewisse Zielsetzung an, die eine Gesellschaft an die Mitglieder stellt:
"Darüber lässt es sich leicht lustig machen und echauffieren, ohne zu beachten, dass diese junge Frau in eine Gesellschaft mit ruinösen Zwecksetzungen geboren wurde. Man lebt heute auf großem Fuß und das ist eben teuer. Die Angst, nicht mithalten zu können, ist ein hochgefährlicher, gesellschaftlicher Disziplinierungsapparat."
Natürlich ist eine große, eng zusammenlebende Gesellschaft etwas anderes als ein Urwaldstamm, aber die Arbeitsteilung ist letztendlich nur differenzierter, nicht aufgehoben. So wie der Stamm den Jäger braucht wie den Bauern/Sammler, braucht die moderne Gesellschaft alle möglichen Professionen, um zu überleben. Jeder trägt bei, so ist das nun mal.
Danach erheben Sie die Arbeit zu einem besonderen Moment:
"Arbeit kann nur als Akt der Solidarität empfunden werden, wenn sie sinnvoll ist."
Hier trennt sich endlich die Spreu der Empörung vom Weizen der Egozentrik. Anders ist es kaum zu sehen.
Ich bin Ü60, habe gearbeitet, ein Unternehmen geführt. Meine Solidarität galt - in dieser Reihenfolge - meinen zehn Mitarbeitern, meiner Familie, unseren Vereinen vor Ort, meinen Nachbarn. Für den Rest habe ich Steuern gezahlt.
Sie erwarten auch, Arbeit sollte immer Spaß machen, es sollte nie himmelschreiend sinnlos sein:
"Wer das Glück hat in dieser Gesellschaft eine Aufgabe gefunden zu haben, die nicht himmelschreiend sinnlos ist"
Erzählen Sie das bitte einem Klempner beim nächsten Wasserrohrbruch. Ich befürchte, Sie wären etwas konsterniert, wenn der sagen würde: " Nee, danke, die K..ke fass ich nicht an, ich geh mal lieber mit dem Hund spazieren."
Mit Verlaub, kein Beruf macht 40 Jahre lang Spaß. Auch der Jäger in der Frühzeit wird manchmal - wenn Beute trotz drei Jagdtagen fehlte - etwas mürrisch gewesen sein.
Auch ich hatte gute und schlechte Tage, mein Vater hat mir Gleiches erzählt, wir alle können nicht darauf hoffen, nur gute Tage zu erleben. Also leben wir alle damit.
Und was ist Ihre Zusammenfassung?
Die Generation Z gehört zu der erbarmungswürdigsten Altersgruppe, die sich einer brutalen Gesellschaft gegenüber sieht, den was anderes soll uns folgendes Zitat sagen:
"Das Drangsalieren von Erwerbslosen kommt traditionell gut bei der Bevölkerung an. Die Stadt Wien verfügte zu den Zeiten der zu Unrecht gefeierten Kaiserin Maria Theresia über Arbeitshäuser in denen Arbeitsscheue (es waren meist schlicht Menschen ohne Erwerb) interniert wurden, um sie zum Fleiß zu erziehen."
Und Sie überhöhen es noch:
"Kerkermeister oder Insasse?
"Der eindimensionale Mensch" kann sich anscheinend nur entscheiden zwischen Kerkermeister oder Insasse. "Beute aus, auf dass Du nicht ausgebeutet wirst" ist sein geheimes Credo. Am Ende verlieren in dieser Arbeitswelt alle, denn die Entfremdung ist ein Gift das tief in die Knochen sickert."
Sie beschreiben etwas erbarmungswürdiges, ja, ich gebe Ihnen Recht:
Wenn die Generation Z wirklich so ist, wie Sie es beschreiben.
Erbarmungswürdig und peinlich, triefend von hilfloser Inkompetenz dem Leben und der Gesellschaft gegenüber.