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  • jiBerlin

69 Beiträge seit 13.03.2020

Re: Wer sich über den Zwang zur Arbeit aufregt

Umweltfreund82 schrieb am 19.12.2023 00:53:

notenom schrieb am 18.12.2023 18:17:

Letzteres gilt zum Beispiel oft für eine Friseurmeisterin, die eine Angestellte einstellen will, aber auch für viele Gastrobetriebe (da gibt es natürlich solche und solche). Auch eine kleinere Boutique muss mit spitzer Feder rechnen, ob sie sich eine zusätzliche Verkäuferin leisten kann oder nicht.

Dafür, dass immer Haare geschnitten werden und selbst ein Männerhaarschnitt ohne Waschen inzwischen 15 Euro in 10 Minuten einbringt und Frauen für eine Stunde "Kopfarbeit" auch inzwischen dreistellige Beträge dalassen müssen, jammern Friseurläden auffällig viel. Nehmen wir mal einen zu 75% ausgelasteten Friseursalon daher und rechnen mit 20 Euro pro Männerhaarschnitt in 15 Minuten und 100 Euro pro Frauenfrisur in einer Stunde, dann komme ich auf einen mittleren Umsatz von 0,75 x (80+100)/2 = 67,5 Euro Umsatz in der Stunde. Die Friseurfachkraft auf Mindestlohnbasis (13,60 Euro brutto) kostet anteilig ohne Energie und Pachtkosten ca. 16,46 Euro (Arbeitgeberanteil 21% = Brutto x 1,21).
Pro Monat macht der Laden Umsatz von:
3 Angestellte x 67,5 Euro x 168h = 34.020 Euro.
Demgegenüber stehen Kosten von:
3 Angestellte x 35 Euro x 168h = 17.640 Euro.
Differenz: 16.380 Euro vor Steuer

Die Rechnung stimmt so leider nicht, da vieles nicht berücksichtigt ist:

AG-Brutto = AN-Brutto * 1.21 kommt in etwa hin, aber dann kommt hinzu:

+ Feiertage: 5-10, je nach Bundesland
+ Urlaub: 30 Tage
+ bezahlte Krankentage: 5-10, bei guter Gesundheit des AN
= 8-10 Wochen Bezahlung ohne Arbeit -> +18% - +23%
Vereinfacht gemittelt ergibt das einen Faktor von 1.2 (Ohne Weihnachtsgeld)

Also AG-Gesamtkosten = AN-Brutto *1.21 *1.2 = AN-Brutto * 1.45
Bei Mindestlohn: 16.46 * 1.45 = 23.87/h AG Gesamtkosten

Netto-Umsatz = Brutto-Umsatz - USt ~ *0.84
Eine Auslastung von 75% halte ich in vielen Fällen für unrealistisch, eher ~50%
Netto-Umsatz = (80+100//2 * 0.5 *0.84 = 37.80€/h

Deckungsbeitrag pro AN und h: 37.80€ - 23.87€ = 13.93€, gerundet 14€/h je AN

Deckungsbeitrag gesamt pro Monat: 3 AN * 168h/Monat * 14€ = 7065€/Monat

Ladenmiete: 2000-4000€ pro Monat (kalt), je nach Lage
Heizung, Warmwasser, Strom. Versicherung, etc: ????
Abschreibungen auf Inventar:???
Scheren, Maschinen, Fön, etc: ???

Ups, jetzt wird es langsam eng.

Bei einem Brutto-Lohn von 20€/h sieht es noch schlechter aus:

3 AN * 168h/Monat * (37.80€ - 29.00€) = 4453€/Monat

Damit wären die Fixkosten nicht mehr zu tragen.

Im übrigen müssten Mindestlohn (und Bürgergeld) stärker regional angepasst werden. In München kostet die Miete für eine (neu vermietete) Dreizimmerwohnung mindestens 1000 Euro mehr als in Görlitz, der Mindestlohn ist aber derselbe. Auch die Lebenshaltungskosten sind in München natürlich viel höher.

Abgelehnt. Damit zementiert man auf Dauer das Ungleichgewicht in den Regionen und sorgt für noch mehr Abzug. Gerade in Görlitz gibt's faktisch kaum Arbeit, die meisten Menschen sind zum Pendeln verdonnert. In München dagegen kann man eigentlich auf's Auto verzichten und spart damit auch rund zwei Monatsgehälter auf's Jahr gerechnet ein, wenn man mit den Öffis fahren würde.

Ich glaube nicht das die verringerten Kosten des Arbeitsweges die Differenz bei den Mietkosten ausgleicht.

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