Was Kleinebeckel hier zusammenschreibt ist geignet für Querschläger-Podien, nicht für Telepolis. Selbstverständlich ist es nicht möglich, die Latte an einzelnen, aus dem Zusammenhang gerissenen, aus zweifelhafter Quelle stammenden, nicht belegten Behauptungen zu widerlegen. Wenn er aber strunzdumme Zitate eines Peter Doshi in seinen dadurch ebensolchen Text einbaut, kann man ihm leicht entgegnen.
Kein Mensch hat je behauptet, die Impfung wirke zu hundert Prozent. Andererseits muss man sich nur die britischen Zahlen anschauen, die letzten beiden Wellen, die eine vor, die andere bei fortgeschrittener Impfkampagne. Die Zahl der Infizierten ist weitgehend vergleichbar - kein Wunder, da inzwischen praktisch jegliche Präventionsmassnahmen aufgehoben wurden -, die Zahl der Todesfälle ist aber bei der aktuellen Welle ca. fünf Mal kleiner.
Woran Menschen gestorben sind, die nach einer Impfung gestorben sind, ist oft leicht nachweisbar. Nicht an der Impfung, sondern an einer bestehenden Vorerkrankung. Oft aber auch nicht. Das ist aber alles andere als ein kausaler Beweis. Es gibt immer Todesfälle, bei denen auch der Pathologe die Todesursache nicht sicher bestimmen kann. Menschen im Alter von Kimmich sind jedenfalls kaum darunter, erst recht nicht solche, die wie Kleinebeckel es nennt, 'kerngesund' sind.
Die sonst aufgezählten unerwünschten Wirkungen treten extrem selten und innerhalb kurzer Zeit nach der Impfung auf, im Millionstelbereich, sind inzwischen bekannt und werden in den Empfehlungen berücksichtigt, Vorsichtsmassnahmen wurden getroffen. Bei keiner Impfung, die je verabreicht wurde seit es das Konzept gibt, sind Nebenwirkungen bekannt, bei denen die Zeitspanne zwischen Impfung und adverser Wirkung grösser als ein, zwei Monate gewesen wäre. Meist viel kürzer. Auch das ist natürlich kein Beweis. Vielleicht hat man es ja gelegentlich übersehen. Allerdings müssten es auch dann Einzelfälle gewesen sein.
Das macht die Argumentation so attraktiv. Sie behauptet etwas in der Zukunft und ist deshalb unwiderlegbar. Ideal für die Rechtfertigung asozialen Handelns.
Der mediale Druck speziell auf Kimmich ist gewiss ungerechtfertigt, primär aber kontraproduktiv. Erst durch ihn wird er wirklich zum - negativen - Vorbild. Andernfalls wäre sein Einfluss aufs Impfverhalten anderer gering. Es ist aber ein logisch völlig unzulässiger Sprung, daraus etwas über die Impfung an sich abzuleiten. Wer aus der Tatsache, dass die staatlichen Autoritäten etwas dringend wünschen und pushen schliesst, das müsse falsch und gegen seine persönlichen Interessen sein, verhält sich gleich dumm, wie derjenige, der automatisch das Gegenteil annimmt. Dasselbe gilt für die Argumentation, dergemäss der Umstand, dass ein Konzern sich dumm und dämlich an etwas verdient, sein Produkt abzulehnen sei. Seltsamerweise kaum je in Anschlag gebracht, wenn es etwa um Handys geht...
Wer sich impfen lässt, setzt sich einem winzigen Risiko aus, reduziert aber viel grössere beträchtlich. Einerseits sich selbst zu infizieren, Long Covid-Erfahrungen zu machen z. B., andererseits aber auch zu denen zu gehören, denen der Virus selbst nichts anhat, die aber andere infizieren, unter denen es dann auch Personen geben wird, die weniger Glück haben.
Wir leben in einer in vielen Belangen asozialen Welt, in der laufend asoziale Entscheidungen getroffen werden, manche von ihnen mit weitreichenden negativen Folgen für viele Menschen. In der die gelungene Monetarisierung eines zuvor davon freien Bereiches als Erfolg applaudiert wird. Insofern verhalten sich die Impfungsablehner systemkonform, Moral war gestern, ist atavistisch, nur Ich zähle. So etwas wie eine Gesellschaft gibt es gar nicht.
Mit anderen Worten - sie bestätigen, was sie vermeintlich ablehnen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (02.11.2021 15:37).