Auf hohem theoretischem Niveau trägt Köhler hier eine sanfte Kritik vor am Beitrag der Medien am Konflikt zwischen Russland und dem Westen, gleichzeitig dezent werbend für sich und seine Publikationen.
Der Gestus desjenigen, der sich allein in der Metaebene tummelt ist allerdings trügerisch, fühlt er sich doch, wohl aus Gründen der Absicherung seiner Karriere, genötigt, an mehreren Stellen seine eigne Position zu signalisieren. In der Tat kann man einiges aus seinen Ausführungen über Narration und Narrativität, Erzähltheorie allgemein - Erwähnung eines einschlägigen Fachbegriffs, der Diegese - lernen, was über den aktuellen Kontext hinausgeht. Doch kann er sich diesem nicht entziehen, niemand kann sich der herrschenden manichäischen Weltbeschreibung entziehen. Wer sich heute äussert, bezieht notwendigerweise Stellung.
Sanft ist seine Kritik, weil sie über den gesamten Text auf der theoretischen Ebene bleibt, nur schwach durchschimmert. Nur das finale Beispiel, das 'Essay' eines Imre Grimm, beleuchtet via spärlicher Zitate ein wenig den Grad an grobianischer Realitätsverformung, den der real existierende deutsche Journalismus in Kriegszeiten erreicht. Weiter kein Wunder, da er schon in Vorkriegszeiten viele Relotius-Höhen erklommen hat. Die Grimm'sche Hervorbringung - est nomen omen? - trieft von simplen Ideologemen und kann nur als Propaganda in Kriegszeiten charakterisiert werden. Sich einem solchen Text mit dem feinen Chirurgenbesteck des Medientheoretikers zu nähern, beinhaltet das Risiko einer Infektion und ist jedenfalls völlig unangemessen. Grobe Klötze verlangen potentere Werkzeuge. Dazu zählt eben der Begriff der Propaganda, den Köhler vornehm vermeidet und sich bei einem grossen Teil der aktuellen medialen Beiträge gerade aufdrängt, was in einer nüchterneren Zeit dann wohl auch wieder frei von Befürchtungen ausgesprochen werden kann.