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mehr als 1000 Beiträge seit 01.12.2023

Klagevereine vs Demokratie vs Gerichtsurteile vs Politik

Kann man das so zusammenfassen?

Was ich so mitbekommen habe: BUND und DUH verklagen die Bundesregierung vorm Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zur Einhaltung von Gesetzen. Soweit erstmal alles in Ordnung, denn auch eine Regierung steht formal nicht über den Gesetzen, die sie erlässt.

Mir drängen sich direkt zwei Fragen auf.

A) wie sieht es aus mit der Abbildung des demokratischen Willens?
B) warum werden unrealistische Gesetze nicht einer Revision unterzogen?

Weil die erste Frage eine etwas längere Antwort enthält, fange ich mit der zweiten an: Gesetze, die nicht realistisch eingehalten werden können, bedürfen einer Revision, im Extremfall bleibt nur die Abschaffung.
Ich persönlich empfehle eine Revision: welche Klimaschutzziele lassen sich überhaupt realistisch bis 2030 erreichen, welche bis 2040? Welche Flurschäden hinterlassen bestimmte Ziele (E-Mobilität: Ressourcenaufwand Cobalt, Lithium, Seltenerden -> Abbaumethoden): wenn der Preis für Klimaschutz extensive Umweltzerstörung ist, ist das kein Preis, den irgendjemand bereit sein sollte zu zahlen. Wenn wir 2035 keine Verbrenner mehr bauen wollen und das ganze in ein Gesetz gießen, sollte man halt bis 2035 aber die Automobilbauer ihre Verbrenner bauen lassen und mehr Geld in Anschlusstechnologien stecken. Der schlaue Mann würde sagen: die Öffentlichkeit finanziert die Entwicklung neuer Antriebsmethoden, die Automobilbauer LIZENSIERN diese dann. Oder man revidiert den Teil und lässt nur reine Verbrenner nicht mehr zu, erlaubt aber zukünftig Hybrid-Fahrzeuge. Das Ziel hierbei wäre aber weniger Klima als viel mehr Luftreinhaltung in Städten durch rein elektrische Fahrweise.
Oder man rückt generell ab von 3-Tonnen-Straßenpanzern und sieht sich um bezüglich Kabinenroller (siehe Twizy), die sind klein, leicht und effizient. Auch so kann "Mobilitätswende" aussehen, sowohl urban wie auch ländlich, denn die bis zu 100km Reichweite reichen laut Statistik für die allermeisten Pendelstrecken aus. Für weitere Strecken: Hybrid.

Gesetze kann man ändern, wenn sie nicht realistisch umgesetzt werden können. Die Klimagesetzgebung gehört einfach dazu. Die Angriffsfläche von Bund und Ländern ließe sich gewiss reduzieren, wenn sie keine Gesetze erließen, die sie schon aus rein pragmatischen Gründen heraus überhaupt nicht umsetzen können. Eine demokratische Mehrheit für realistischere Klimaschutzziele ließe sich gewiss finden - und damit kommen wir zur ersten Frage:

Gibt es überhaupt eine Mehrheit für die vielfach unerreichbaren, in allen Fällen aber sehr teuren und aus privaten Taschen zu finanzierenden Klimaschutzzielen aus? Ich erinnere an die Modernisierungspflicht (Wärmepumpen): die Kosten bleiben bei Eigentümern, Vermietern und Mietern liegen, die Amortisierungszeiträume sind viel zu lang und muss die Dämmung modernisiert werden, liegt bei älteren Gebäuden faktisch ein finanzieller Totalschaden vor. Und dann gibt's da noch die "fiesen" Netzregulierer, die "Großverbraucher" im Falle eines Strommangels abstellen wollen, dazu zählen auch die an separaten Zählern angeschlossenen Wallboxen und Wärmepumpen. Das ist insofern "fies", als dass manch "klimabewusster Bundesbürger" sich nun in Unkosten für die Modernisierung seines Eigenheims stürzt, nur um dann im Winter 24/25 frierend bei -20° ausharren muss, denn die "großverbrauchende" Wärmepumpe (ideal Arbeitswert 4:1, realistisch 1:1) am eigenen Zähler muss aufgrund einer Energieknappheit abgeschaltet werden. Auch der Arbeitgeber wird nicht besonders glücklich sein, wenn der zur Präsenz verpflichtete Mitarbeiter nicht mehr erscheint, weil der Akku seines E-Autos leer ist und die Wallbox abgeschaltet wurde.

Gibt es eine Mehrheit, die sich für ein teures E-Auto entscheiden würden, so ganz ohne eigene Solarfläche, Eigenstromproduktion und Wallbox, während an Ladesäulen Premiumpreise für den Ladestrom verlangt werden (bis zu 90 Cent/kWh)? Die paar Zuckerl ("kostenlos" Parken, Steuererleichterungen, Fördergelder) rechnen sich, wenn überhaupt, nur für einen stetig schrumpfenden Kreis wohlhabender Menschen im Lande oder für Unternehmen, die auf E-Fahrzeuge als Dienstwagen setzen. Eine "Mehrheit" stellen sie nicht.

Wo ist die Mehrheit, die eine CO2-Besteuerung gefordert hat, die jeden Haushalt um mehrere hundert Euro zusätzlich belasten wird? Es mag eine Mehrheit geben für das 49,- Euro Ticket, aber auch nur eher in den urbanen Regionen. Auf dem Lande, wo der ÖPNV nur sehr spärlich ausgebaut ist, gibt es eher weniger Unterstützung für das "Städter-Projekt". Eine Mehrheit findet sich auch gewiss für "Mehr Schiene, weniger Straße" bezüglich des Warentransportes, denn die Straßen sind verstopft mit LKWs, jeden Tag werden es, trotz Flautewirtschaft, immer mehr. Und vermutlich findet sich auch eine Mehrheit für die Abschaffung innerdeutscher Flüge, wenn nur die Zugverbindungen zuverlässiger und schneller wären und nicht fehlender Service mit steigenden Preisen beantwortet würde (siehe "Sitzplatzreservierung" im ICE). Es sind einfach solche Fragen, über die man nachdenken darf.

Klimaschutz ist in Deutschland ohnehin bestenfalls sehr teure Symbolpolitik. Nichts von dem, was wir erreichen könnten, kann mehr sein als blanke Makulatur. Denn die restliche Welt macht, wenn überhaupt, mit anderer Methodik mit und riskiert nicht die eigenen Möglichkeiten durch extensive Deindustrialisierung und moralgesteuertem Intellektverlust, sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Und wenn am Ende "Klimaschutz" mit für uns "unsichtbaren" Umweltzerstörungen in anderen Ländern der Erde einhergehen, ist der Preis auch abseits monetärer Erwägungen viel, viel zu hoch, den unsere Politiker bereit sind, zu zahlen. Von abgeholzten Wäldern für Wind- und Solaranlagen fange ich jetzt nicht an.

Es ist keine Frage des "einer muss den ersten machen" sondern viel eher "ist das überhaupt sinnvoll". Klimaschutzpolitik wird in Deutschland völlig ergebnisoffen gefahren, mit dem Ergebnis, dass jede Menge Quacksalber mit ihren "Geschäftsmodellen" Geld verdienen können, solange sie nur irgendwie "Klimaschutz" für sich reklamieren. Die 200 Milliarden Euro Sondervermögen für's Klima wecken Begehrlichkeiten. Da können sich ganze Professuren auf Dekaden hin finanzieren, die nur drüber sinnieren, ob "atmosphärische CO2-Absorberanlagen" sinnvolle Ergänzungen zum Klimaschutz darstellen oder nicht (sind sie nicht: Bäume machen das gleiche und kosten fast nix). Andere wollen weiße Dachziegel als Beitrag sehen, denn die Rückstrahlung von Sonnenenergie ins All durch Reflektion könnte helfen, die Klimaerwärmung zu reduzieren (Stichwort "Albedo"). Selbst die Mobilitätswende fällt darunter: E-Scooter sind exemplarisch dafür, wie eine potentiell sinnvolle Idee mit Wucht gegen die Wand gefahren werden kann: statt weniger Autofahrer hat man jetzt mehr lauffaule Fußgänger zum Umstieg ermutigt. Umweltbillanz katastrophal, wenn die Dinger dann auch noch als Opfer von Randalierern im nächsten Fluss landen.
"Ergebnissoffene Politik" lädt also ein zum Missbrauch - und hat für mich auch keine demokratische Legitimation. Sie ist auch überhaupt nicht kompatibel zum sehr auf (unrealistische) Ziele fixierten Pariser Klimaschutzabkommen.

Und solange die Kosten für den ganzen Spaß am Ende immer beim kleinen Mann bzw. der kleinen Frau landen, gibt es einfach keine Mehrheit. Denn wessen Monat viel länger reicht als das Erwerbseinkommen, der interessiert sich eher für die Füllung seines Kühlschranks als das Klima. Rein vom Gefühl her ist die ganze Klimaretterei ein Erste-Welt-Problem für besonders Wohlhabende, die nicht mehr wissen, wohin mit ihrem Vermögen. Aber bereits die Arbeiter und Angestellten der gleichen Ersten Welt haben schon nicht mehr das Geld übrig, diese Projekte zu finanzieren. Wie sieht es dann erst aus in Schwellen- und Entwicklungsländern, in denen die Frage nach der Sicherstellung der nächsten Mahlzeit einen Großteil des Alltags prägt? Kümmern sich diese Menschen um's Klima?

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (02.12.2023 01:17).

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