Ansicht umschalten
Avatar von Nethlem
  • Nethlem

mehr als 1000 Beiträge seit 03.02.2009

"Ein wichtiger Faktor: das Homeoffice."

Homeoffice ist für einen großteil der Deutschen ziemlich irrelevant, die Kassierien beim Netto kann kein Homeoffice machen.

Deswegen sind die meisten Deutschen welche im Homeoffice arbeiten entweder in der IT, Unernehmensführung und Beratung, Versicherungsarbeiter oder ähnlichen eher abstrakten Jobs: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_28_p002.html

Vor allem junge Menschen mit IT Kompetenzen haben schon vor Jahren angefangen sich aus dem "Internet Neuland" Deutschland abzusetzen in Länder mit besserem Wetter/niedrigeren Lebenserhaltungskosten.

Aber schon interessant das zwar dieser "Faktor" angesprochen wird, es abseits davon aber anscheinend keinerlei Gründe gibt, und wohl ganz bestimmt nicht die Wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind in denen diese Jungen Deutschen arbeiten müssen?

Das hat so ein ähnliches Geschmäckle wie Artikel welche über einen "Demographischen Wandel" Reden als Grund für Deutschland wirtschaftliche Schieflage.

Gemeinsam haben beide Narrativen die Gründe für die momentan schlechte Situation irgendwo zu suchen, bevorzugt bei den Bürgern (zu faul/alt/ungebildet/rechts/links/zu oft krank/whatever) aber bloß nicht irgendwo sonst, und ganz bestimmt nicht bei politischen Entscheidungen deutscher Regierungen oder in Unternehmensführungen.

Das Deutsche im letzten Jahr allerdings mehr Stunden gearbeitet haben als irgendwann sonst [0], das ist allerdings eher ein Beweis dafür das es an der Arbeitswilligkeit/Demographischen Wandel eher nicht liegen kann.

Woran es wohl eher liegt: So viel gearbeitet, aber am Ende lohnt sich das nicht wirklich, eine Situation welche schon seit Jahrzehnten anhält [1]:

Die Löhne in Deutschland stiegen im September 2024 um 2,90 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Das Lohnwachstum in Deutschland lag von 1992 bis 2024 im Durchschnitt bei 0,30 Prozent, erreichte im dritten Quartal 1992 einen Höchststand von 6,00 Prozent und im dritten Quartal 2022 ein Rekordtief von -5,40 Prozent. Quelle: Statistisches Bundesamt

Das gehört unter anderem zu den Gründen warum jüngere immer weniger Bock zu arbeiten haben: Es lohnt sich oftmals einfach nicht mehr.

Selbst wenn das Ziel Karriere machen ist, auch da stehen die Chancen eher schlecht in Deutschland, unter den Industrienationen sind wir eines der Schlusslichter was Soziale Mobilität angeht [2]

All diese Baustellen sind nicht neu, viele davon gehen zurück bis in die 90er Jahre und waren schon der Grund warum auch eine "Generation X" keine rosige Zukunft für sich gesehen hat, und auch schon damals erzählt wurde die wären alle einfach nur zu Faul/rechts/links/irgendwas.

Als ob es die Menschen sind welche sich geändert haben, und nicht das Deutschland in welchem diese Menschen arbeiten und Chancen finden müssen.

Das höchste der Gefühle ist dann so ein untergründiger Vorwurf der Sorte "Warum arbeiten junge Deutsche nicht wie junge Amerikaner/Inder?" [3], vielleicht noch nicht verzweifelt genug?

Aber wohl auch kein Problem, nach ein paar Runden Austerität bekommen wir auch die Deutsche Jugend dahin, aber dann trotzdem noch was von "Work-Life" Balance blubbern wollen..

[0] https://www.spiegel.de/wirtschaft/in-deutschland-wird-so-viel-gearbeitet-wie-noch-nie-diw-auswertung-a-01fb269f-3ed5-4e67-88ec-ecfe5bfb049f

[1] https://tradingeconomics.com/germany/wage-growth

[2] https://www.ifo.de/publikationen/2018/aufsatz-zeitschrift/intergenerationelle-einkommensmobilitaet-schlusslicht

[3] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_average_annual_labor_hours

Bewerten
- +
Ansicht umschalten