Wenn der erst mal beseitigt ist, dann werden alle Armen auf einen Schlag nicht mehr arm sein.
Wie kommen Sie darauf? Der Artikel sagt das nicht, setzt es nicht voraus, zielt nicht darauf ab... also, was soll das?
Natürlich wird es immer Unterschiede in der Menge der jeweiligen Habe eines Menschen geben, in jeder Gesellschaft. Aber man kann verschieden damit umgehen. Im Hinduismus etwa ist die Fähigkeit, annähernd besitzlos zu bleiben, hoch geachtet. Und jeder, der zu schwächlich dafür ist, ist zumindest bereit, diesen Besitzlos(er)en zu geben, was sie aktuell brauchen.
"Brot und Spiele" war als Konzept ebenfalls darauf ausgerichtet, die Armen zumindest mit dem zu versorgen, was sie brauchen - sie waren ein (wenn auch auf diese Weise leicht manipulierbarer) Teil der Gemeinschaft.
Erst die "Moderne" betrachtet Arme als "Dreck, der wegmuß". Arme, wohlgemerkt, nicht die Armut. Darauf zielt der Artikel ab. Daß nicht mehr "der Armut" der Krieg erklärt ist, weil jeder zum Leben genug haben sollte - sondern daß "die Armen" verachtet werden und man sie sich vom Halse schaffen will, wie auch immer und mit welchen dreckigen Methoden auch immer.
Man kann Armut als Gegenheit hinnehmen. Es wird immer "Reiche(re)" und "Arme" (bzw. "Ärmere") geben. Dagegen spricht erst einmal auch nichts, solange beide gleichermaßen als wertvolle und in ihrer Art akzeptierte Teile der Gemeinschaft sind. Die jeweils praktische Armut kann man dann immer noch angehen, weil (bzw. wenn) man es nicht gut findet, daß jetzt gerade dieser Mensch, der mein Gegenüber ist, gerade jetzt (zu) arm ist. Beides geht in der Praxis durchaus zusammen.
Das Kapitalismus hat die Armut nicht "erschaffen". Und natürlich wird sie ihn überleben. Aber er hat dazu geführt, daß Reiche(re) sich im Umgang mit Armen als Unmenschen aufführen. Das war zu anderen Zeiten und ist in anderen Gesellschaftsformen weitaus weniger der Fall und jedenfalls nicht schon im System angelegt.