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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Nehmen wir mal an, ich möchte auswandern ...

... und mein Ziel wäre z.B. "Saudi-Arabien", was meinst du, muss ich alles tun, um dort ein ruhiges Leben leben zu können?

Richtig, ich muss mich integrieren. Dazu gehört auch, dass ich die hiesige Version des Islam anerkenne, nie ein Wort dagegen erhebe, ggf. muss ich auch konvertieren. Ich werde die Sprache erlernen müssen und die Sitten und Gebräuche nicht nur tolerieren oder akzeptieren müssen, sondern sie zu meinen eigenen Sitten und Gebräuchen werden lassen. Es handelt sich um keine "weltoffene Gesellschaft".

Ein weniger extremes Beispiel sind die USA. Die ist deutlich freier (kommt auf den Bundesstaat an) und erlaubt ein breiteres Spektrum. Nur eins ist wirklich Voraussetzung: um US-Amerikaner zu werden, muss ich mich mit den USA patriotisch identifizieren. Alles andere ist frei wählbar, aber ich muss halt Patriot sein. Egal, woher ich hergekommen bin, jetzt bin ich US-Amerikaner. Natürlich möchte ich Englisch sprechen können und in den Südstaaten sollte ich möglichst Christ, keinesfalls aber Moslem sein, an der Ostküste herrscht quasi-europäischer Flair, an der Westküste ist praktisch jede Spielart erlaubt.

In Deutschland indes ...
Sagen wir mal so, es ist deutlich einfacher, als Zugereister "Bayer" zu werden. Und wir wissen alle, dass man selbst zu Lebzeiten kein Bayer werden kann, selbst dann nicht, wenn man sich an jede Tradition hält, die Weißwurst nie nach 12:00 Mittags zuzzelt und einen anständigen Weißbierkonsum vorzuweisen hat.

Vielleicht liegt das ja daran, dass man den eigentlichen Bewohnern das "Deutschsein" ausgetrieben hat. Wer deutsch sein will, wird ja schnell als Nazi diffamiert, wie das grad bei den Ostdeutschen der Fall ist, die sich da arg lautstark äußern. Da ist es leichter, sich als Sachse, Bayer, Brandenburger, Thüringer, Saarländer zu fühlen - oder, weil man da noch nicht genug ausdifferenziert hat, als Franke, Oberbayer, Niederbayer, Schwabe, Badener, Württemberger, Vogtländer, Erzgebirgler usw ...
Wenn es aber kein "natürliches Deutschsein" gibt, wie sollen Ausländer denn jemals Deutsche werden? Über die Staatsbürgerschaft geht das ja offensichtlich nicht, denn nichtmal die Deutschen (die ja Inhaber ebendieser Staatsbürgerschaft sind) fühlen sich deutsch (weil, täten sie es ja, wären sie gleich Nazis). Und Kenntnisse von der deutschen Sprache zeichnen auch niemanden als "deutsch" aus. Negativer ist da nur das Fehlen der Kenntnisse.
Und eine gemeinsame Geschichte liegt zwar vor, nicht aber eine gemeinsame Kultur, sondern ein Sammelsurium historisch gewachsener Spielarten und Weltanschauungen.

Also ehrlich: wie soll sich jemand "deutsch fühlen", wenn nichtmal die Einheimischen diesem Anspruch gerecht werden können?

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (08.10.2016 19:04).

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