Herr Streck, vielleicht teilen wir unsere Sympathie für dieses bewegte Völkchen. Aber sie müssen schon selbst einen kleinen nationalistischen Virus in sich tragen, um das Ergebnis als links zu deuten. Das ERC-Zugpferdchen Pere Aragonés ist ein Neoliberaler, der beabsichtigt, das privatisierte Ungesundheitssystem in Katalonien noch weiter zu privatisieren. Sicher gibt es in der ERC auch fortschrittliche Leute, die kommen nicht so recht zum Zuge. Traumtänzer Puigdemont und seine Partei JxCat im Streit um die Macht mit Madrid als Linke zu bezeichnen, würde in Katalonien niemand einfallen. In meinem entfernten Bekanntenkreis sind einige JxCat-AnhängerInnen und ich möchte hier nicht wiedergeben, wenn die über "die Andalusier" reden. Einzig CUP und ECP sind linke Kräfte in Katalonien. Die Wahlbeteiligung war nicht nur wegen widriger Umstände niedrig. Viele Menschen in Katalonien sind es einfach leid, zwischen Pest und Cholera zu wählen. Die independista-Bewegung hat sich inhaltlich auf ihren Kern (27,1 % der potentiellen Wählerschaft) reduziert, 46,4 % sind nicht zur Urne gegangen bzw. haben die Briefwahl nicht genutzt. Für den letzten Präsidenten Quim Torra hatte sich so gut wie niemand in Katalonien nach dessen gewaltsamer Absetzung durch die spanische Justiz engagiert, weil er der unfähigste Präsident in der katalanischen Geschichte war. Und sein Nachfolger Aragonés ist auch keine Leuchte.