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mehr als 1000 Beiträge seit 31.08.2000

Fürsten und Haustiere

Sartec schrieb am 31. Mai 2002 21:39

> Oder wie ein Mitglied der CDU zum Thema "direkte
> Demokratie/Direktwahl" es ausdrückte : "Man könne der einfachen
> Krankenschwester oder dem einfachen Arbeiter keine komplexen,
> politischen Themen oder Sachfragen zumuten oder sie so aufbereiten
> das diese für alle verständlich wären..."

> Und außerdem .. : "... würde die Einführung einer direkten Demokratie
> einen Verlust an Demokratie bedeuten."

> Ich verstehe den logischen Ansatz und Sinn solcher Aussagen nicht und
> werte solche Worte als Eingeständnis der Angst vor dem eigenen
> "Wähler".

Wieso? Die Demokratie ist parlamentarisch oder gar nicht. Aber sie
ist auch nicht parlamentarisch, sie ist gremienorientiert oder wird
an runden Tischen gemacht. Die Fürsten ( die Ersten des Staates )
einigen sich. Das ist vielleicht gar kein so schlechter Ansatz und in
Afghanistan wird er als Ratsversammlung von Stammesfürsten ganz offen
praktiziert. Die Demokratie ist eine Idee, die sich die Fürsten zu
eigen gemacht haben und in deren Sinne sie nun regieren. Das hat
schon Nietzsche so gesehen, der aber auch über jene gelästert hat,
die nur "erste Diener" sein wollten. Das heißt nicht, dass alles beim
alten geblieben wäre und hier noch das Gottesgnadentum oder der
Blutadel regierte oder gar Odin und Wotan. Dass die Fürsten kein
Interesse daran haben, die Repräsentation der Idee zu ändern, ist
nicht ungewöhnlich. Nicht nur, weil sie von ihr profitieren, sondern
weil sie nur ihretwegen existieren und sich etwas anderes auch nicht
vorstellen können und mögen. Die Komplexität der Politik, von der der
CDU-Fürst gesprochen hat, ist auch keine andere, als jene, die von
dem System, welches der Fürst repräsentiert, selbst generiert wird.
Insofern hat er auch Recht: alle relevanten Informationen sind
Insiderinformationen. 

Die Leute haben keine Lust, sich selbst zu repräsentieren, sondern
begnügen sich damit, ein wenig herumzumaulen und auf die
Repräsentation zu schimpfen. Vielleicht sollte man sich die Bürger
der Wohlstandsnationen als glückliche Haustiere vorstellen, deren
größte geschichtliche Leistung die Durchsetzung eines
Gesetzes-Paragraphen ist, der Tierquälerei untersagt. 

Nun muss ich aber zu meinem Futternapf. Wuff!

Tloen



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