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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Der "Verrat der Deutschen" bezieht sich ...

... vor allen Dingen auf die Bedingung, den Einfluss der NATO nach Osten hin nicht auszuweiten, damit Moskau seinen Segen zur Wiedervereinigung gab. Hätte also Moskau bereits 1990/91 gewusst, dass gerade einmal dreißig Jahre später der Konflikt NATO/Russland wieder an Schärfe gewinnen würde, hätten sie damals auch nie zugestimmt. Dazu kommt, dass Putin ein Experte der Deutschen ist: er spricht die Sprache nicht nur, er war vor der Wende als Geheimdienstagent in Dresden stationiert. Also er kennt zumindest einen Teil der Deutschen sehr gut.

Irgendwo verstehe ich den starken Mann, wenn der sich nun verraten fühlt. Aber nicht erst seit der ersten Waffenlieferung an die Ukraine - damit kann er umgehen. Sondern seit Jahren schon, seit die NATO sich vor seinen Grenzen aufgestellt hat (siehe Estland, Lettland & co im Norden). Dass Schweden und Finnland nicht Teil der NATO waren bislang (und aktuell blockiert werden von der Türkei) ist wohl auch dem Umstand zu verdanken, dass diese Staaten bislang sich an die Versprechungen und Verträge gehalten haben, die gemacht worden sind. Die aktuellen Beitrittsgesuche sind nur teilweise dem russischen Angriff zu verdanken: es gab ja auch schon früher Versuche, die beiden Länder für die NATO zu gewinnen.

Zwischen "wir müssen Russland in die Sicherheitsarchitektur Europas mit einbeziehen" zu "wir müssen Panzer schicken" liegen gerade einmal 10 Jahre. Das ist ein ziemlich kurzer Zeitraum, um Russland, was zwischenzeitlich über ein Assoziationsabkommen mit der EU nachdachte, vom potentiellen Verbündeten zum Feind zu machen. Bedenkt man, dass all diese Entwicklungen noch unter Merkel (ehemalige FDJ-Vorsitzende in der DDR und Ziehtochter Erich Honeckers) stattfanden und nur der "krönende" Abschluss unter Scholzens Ampel, kann ich irgendwie nachvollziehen, dass sich der Mann in Moskau mehr als nur verraten fühlt von den Deutschen.

Geben wir uns keiner Illusion hin: für Moskau ist das, was in Berlin entschieden wird, historisch viel relevanter als das, was in Brüssel passiert. Das ist bereits in der Vergangenheit immer wieder deutlich geworden. Aus Sicht Russlands ist es immer sinnvoller gewesen, direkt mit einzelnen Staaten zu verhandeln und da liegt auch das Augenmerk besonders auf Deutschland. Der Interpretation nach ist der "Verrat in Brüssel" für Moskau leichter zu verdauen als der "Verrat in Berlin". Insgeheim denke ich, dass der "Deutschlandexperte Putin" sich einfach ent- und getäuscht fühlt und das Thema "Frieden in Europa" für sich genauso beerdigt hat, wie seine Scharfmacher, bis die Sache in der Ukraine vorbei ist.

Aber psst. "Putinversteher" ist böse. Ich frag mich nur, wie Profiler ihre Arbeit machen bei der Polizei, wenn sie doch Mörderversteher sind ...?

Warum sind eigentlich ausgerechnet die Sachsen besonders lautstark unterwegs mit Demonstrationen gegen Corona, gegen Krieg & co? Der lange Arm Moskaus? Alles Putin-Freunde? Also ich kenn meine Landsleute ganz gut, auch wenn ich schon 13 Jahre in Süddeutschland lebe und meine, dass es weniger Putinfreundschaft ist als vielmehr der Wunsch, nicht demnächst wieder die Russen als Besatzer im Land zu haben. Denn Anlass gibt man dieser Tage ja genug aus Berlin. Aber das nur am Rande.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (15.02.2023 13:54).

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