Destao schrieb am 9. Dezember 2005 16:21
> drchaos schrieb am 9. Dezember 2005 15:28
>
> > Dann sollen doch die Mitglieder jeder 1 Euro in die ATTAC-Kasse
> > zahlen. Hätte zudem den Vorteil, dass ATTAC niemandem mehr (ausser
> > den Mitgliedern) über die Verwendung dieser Mittel Rechenschaft
> > schuldig ist, und dass man ihnen nicht den Vorwurf machen kann, sich
> > von der EU kaufen zu lassen (das ist nämlich ein anderer Aspekt, der
> > im Artikel deutlich zu kurz kommt).
>
> Machen sie doch. Die meisten zahlen sogar weit mehr als einen Euro
> jährlich ein, so dass die 60k Zuschuss nur einen kleinen Teil der
> Gesamtaufwendungen ausmachen.
Dann wäre es konsequent, von vorneherein darauf zu verzichten.
> aber in Zeiten, wo "kritischer Journalismus" mitunter
> schon als Synonym für NGO-Aktivität verstanden wird (weil die
> arrivierte Jounaille dem ca$h verpflichtet ist), möchte _ich_ deren
> Mittel nicht gekürzt wissen, weil dann nämlich nur noch die
> Presseorgane des Kapitals übrigblieben. Nur mal so als _ein_ Beispiel
> jetzt...
Ich sehe hierzulande keine "Presseorgane des Kapitals" am Werke, es
sei denn, Du zählst alle im SPD-Besitz befindlichen Zeitschriften,
Radio- und Fernsehsender dazu, sowie Zeitungen wie taz, Neues
Deutschland, Junge Welt etc. mit dazu.
Und man kann auch keine glaubhafte unabhängige Berichterstattung
machen, wenn man dazu auf staatliche Gelder angewiesen ist.
> Doch, und zwar diejenigen, die immer noch der Meinung sind, dass wir
> mehr Arbeitsplätze und längere Arbeitszeiten bräuchten, damit es
> "wieder aufwärts geht" - weil ja dann wieder mehr Steuern gezahlt
> würden. Das ist doch die offizielle Begründung für diese Art
> Subventionen, mit der alles durchgewinkt wird: "Es werden
> Arbeitsplätze geschaffen."
Solches Gesabbel hört man, wenn man die staatlich(!) kontrollierten
Medien (also alles im Radio/TV sowie die grossen Zeitungen) anguckt
(mache ich u.a. deswegen auch nicht). Ich kenne privat niemanden, der
diesen Unfug glaubt.
> > > Ist es dir unangenehm, dass jemand die möglichen Folgen des
> > > Bolkestein-Hammers publik macht? Oder dass die Idee der Tobin-Steuer
> > > unter die Leute gebracht wird? Dass G8-Gipfel nicht mehr ohne Protest
> > > ablaufen können?
> > Das erste sagt mir nichts;
>
> http://www.dgb-goslar.de/Aktuell/Europa/Bolkestein-Richtlinie.html
Ach die Richtlinie meinst Du. Die halte ich im grossen und ganzen für
eine der wenigen Perlen aus dem Brüsseler Sauhaufen, weil durch den
entstehenden Rechtsordnungswettbewerb viele nationalstaatliche
Protektionismen geschliffen würden, zugunsten der Kunden (also den
Bürgern). Aber die RiLi ist eh tot, weil die Politiker das nämlich
inzwischen auch begriffen haben.
> Damit rennst du bei mir offene Türen ein. Ich befürchte nur, die
> Intentionen der Tobin-Steuer-Befürworter sind nicht ausschließlich
> die von Dir hineingedeuteten. Man kann anhand des parlamentarischen
> Widerstands, der dieser Steuer und damit dem Willen der (besitzlosen)
> Mehrheit entgegensteht, diktatorische Elemente im westlichen
> Demokratieverständnis aufzeigen. Und genau das passiert auch...
Hoffentlich täuschst Du Dich da nicht, was den Widerstand angeht. Ich
habe den Eindruck, der mit der Tobinsteuer verbundene Einstieg in ein
*globales* Steuerregime würde nicht wenigen Politikern sehr gut in
den Kram passen, ergäbe sich doch damit die Möglichkeit, endlich den
lästigen Steuerwettbewerb zwischen den verschiedenen Staaten
einzudämmen. Wäre doch ein genialer Schachzug, wenn man irgendwann
den Globalisierungsgegnern dieses "Zugeständnis" machen könnte. Aber
dazu muss man vorher erst mal so tun, als wäre man dagegen.
> > und die G8-Proteste sind für meinen Geschmack nicht nur reichlich ziel- und
> > zwecklos, sondern dienen auch noch als Rechtfertigung für so geniale Coups wie
> > die Schulden"streichung" der afrikanischen Diktaturen. Die Folgen dessen
> > sind nämlich:
> > 1. ... 4.
>
> Sehe ich komplett anders. Mit 200k Demonstranten vor der Tür lässt
> sich eben Globalisierung nicht einfach "nach Plan" fortführen.
Scheinbar ja doch. Man muss es halt nur geschickt anstellen, dann
kann man einerseits den eigenen Amigos ein milliardenschweres
Zuckerle zustecken, dabei noch gut aussehen und die Demonstranten
glauben lassen, sie hätten sich durchgesetzt. Und in 10 Jahren, wenn
alle merken, dass der Schuldenerlass genau nichts gebracht hat und
die Leute immer noch hungern, verweist man auf die Urheber der
Schuldenerlassforderung und hat gleich einen passenden Bösewicht.
> Und
> afrikanische Diktaturen existieren solange, wie sie den wesentlichen
> westlichen Entscheidungsträgern Vorteile bringen. Weil erstere von
> letzteren überhaupt erst ermöglicht werden - mitsamt Schulden und
> Paramilitärs.
Wie man im Irak sieht, ist es gar nicht so einfach, einen solchen
Bösewicht wieder loszuwerden, wenn man ihn erstmal
hochgezüchtet/-gerüstet hat. Aber davon abgesehen ist es schon so,
dass es einige Leute gerne sehen, wenn auf dem afrikanische Kontinent
möglichst "stabile Verhältnisse" (=Diktatur) herrschen. Dann kann man
sich nämlich sicher sein, dass einem da kein Wettbewerber entsteht.
Nur ist es halt reichlich doof, so was noch mit Demonstrationen zu
unterstützen.
> Während Globalisierungskritiker die _Ursachen_ für die afrikanischen
> Schulden abzuschaffen suchen - zum Beispiel durch fairen Handel mit
> Waren und Rohstoffen.
Allein der Ausdruck "Globalisierungskritik" ist bescheuert, da
könnten die sich wirklich mal was besseres überlegen. Das Gegenteil
von Globalisierung ist Protektionismus...
Nur freier Handel ist fairer Handel. Also wenn man schon meint, für
etwas demonstrieren zu müssen, dann für die sofortige Abschaffung
aller Subventionen und Handelsschranken gegenüber allen halbwegs
zivilisierten Ländern.
> drchaos schrieb am 9. Dezember 2005 15:28
>
> > Dann sollen doch die Mitglieder jeder 1 Euro in die ATTAC-Kasse
> > zahlen. Hätte zudem den Vorteil, dass ATTAC niemandem mehr (ausser
> > den Mitgliedern) über die Verwendung dieser Mittel Rechenschaft
> > schuldig ist, und dass man ihnen nicht den Vorwurf machen kann, sich
> > von der EU kaufen zu lassen (das ist nämlich ein anderer Aspekt, der
> > im Artikel deutlich zu kurz kommt).
>
> Machen sie doch. Die meisten zahlen sogar weit mehr als einen Euro
> jährlich ein, so dass die 60k Zuschuss nur einen kleinen Teil der
> Gesamtaufwendungen ausmachen.
Dann wäre es konsequent, von vorneherein darauf zu verzichten.
> aber in Zeiten, wo "kritischer Journalismus" mitunter
> schon als Synonym für NGO-Aktivität verstanden wird (weil die
> arrivierte Jounaille dem ca$h verpflichtet ist), möchte _ich_ deren
> Mittel nicht gekürzt wissen, weil dann nämlich nur noch die
> Presseorgane des Kapitals übrigblieben. Nur mal so als _ein_ Beispiel
> jetzt...
Ich sehe hierzulande keine "Presseorgane des Kapitals" am Werke, es
sei denn, Du zählst alle im SPD-Besitz befindlichen Zeitschriften,
Radio- und Fernsehsender dazu, sowie Zeitungen wie taz, Neues
Deutschland, Junge Welt etc. mit dazu.
Und man kann auch keine glaubhafte unabhängige Berichterstattung
machen, wenn man dazu auf staatliche Gelder angewiesen ist.
> Doch, und zwar diejenigen, die immer noch der Meinung sind, dass wir
> mehr Arbeitsplätze und längere Arbeitszeiten bräuchten, damit es
> "wieder aufwärts geht" - weil ja dann wieder mehr Steuern gezahlt
> würden. Das ist doch die offizielle Begründung für diese Art
> Subventionen, mit der alles durchgewinkt wird: "Es werden
> Arbeitsplätze geschaffen."
Solches Gesabbel hört man, wenn man die staatlich(!) kontrollierten
Medien (also alles im Radio/TV sowie die grossen Zeitungen) anguckt
(mache ich u.a. deswegen auch nicht). Ich kenne privat niemanden, der
diesen Unfug glaubt.
> > > Ist es dir unangenehm, dass jemand die möglichen Folgen des
> > > Bolkestein-Hammers publik macht? Oder dass die Idee der Tobin-Steuer
> > > unter die Leute gebracht wird? Dass G8-Gipfel nicht mehr ohne Protest
> > > ablaufen können?
> > Das erste sagt mir nichts;
>
> http://www.dgb-goslar.de/Aktuell/Europa/Bolkestein-Richtlinie.html
Ach die Richtlinie meinst Du. Die halte ich im grossen und ganzen für
eine der wenigen Perlen aus dem Brüsseler Sauhaufen, weil durch den
entstehenden Rechtsordnungswettbewerb viele nationalstaatliche
Protektionismen geschliffen würden, zugunsten der Kunden (also den
Bürgern). Aber die RiLi ist eh tot, weil die Politiker das nämlich
inzwischen auch begriffen haben.
> Damit rennst du bei mir offene Türen ein. Ich befürchte nur, die
> Intentionen der Tobin-Steuer-Befürworter sind nicht ausschließlich
> die von Dir hineingedeuteten. Man kann anhand des parlamentarischen
> Widerstands, der dieser Steuer und damit dem Willen der (besitzlosen)
> Mehrheit entgegensteht, diktatorische Elemente im westlichen
> Demokratieverständnis aufzeigen. Und genau das passiert auch...
Hoffentlich täuschst Du Dich da nicht, was den Widerstand angeht. Ich
habe den Eindruck, der mit der Tobinsteuer verbundene Einstieg in ein
*globales* Steuerregime würde nicht wenigen Politikern sehr gut in
den Kram passen, ergäbe sich doch damit die Möglichkeit, endlich den
lästigen Steuerwettbewerb zwischen den verschiedenen Staaten
einzudämmen. Wäre doch ein genialer Schachzug, wenn man irgendwann
den Globalisierungsgegnern dieses "Zugeständnis" machen könnte. Aber
dazu muss man vorher erst mal so tun, als wäre man dagegen.
> > und die G8-Proteste sind für meinen Geschmack nicht nur reichlich ziel- und
> > zwecklos, sondern dienen auch noch als Rechtfertigung für so geniale Coups wie
> > die Schulden"streichung" der afrikanischen Diktaturen. Die Folgen dessen
> > sind nämlich:
> > 1. ... 4.
>
> Sehe ich komplett anders. Mit 200k Demonstranten vor der Tür lässt
> sich eben Globalisierung nicht einfach "nach Plan" fortführen.
Scheinbar ja doch. Man muss es halt nur geschickt anstellen, dann
kann man einerseits den eigenen Amigos ein milliardenschweres
Zuckerle zustecken, dabei noch gut aussehen und die Demonstranten
glauben lassen, sie hätten sich durchgesetzt. Und in 10 Jahren, wenn
alle merken, dass der Schuldenerlass genau nichts gebracht hat und
die Leute immer noch hungern, verweist man auf die Urheber der
Schuldenerlassforderung und hat gleich einen passenden Bösewicht.
> Und
> afrikanische Diktaturen existieren solange, wie sie den wesentlichen
> westlichen Entscheidungsträgern Vorteile bringen. Weil erstere von
> letzteren überhaupt erst ermöglicht werden - mitsamt Schulden und
> Paramilitärs.
Wie man im Irak sieht, ist es gar nicht so einfach, einen solchen
Bösewicht wieder loszuwerden, wenn man ihn erstmal
hochgezüchtet/-gerüstet hat. Aber davon abgesehen ist es schon so,
dass es einige Leute gerne sehen, wenn auf dem afrikanische Kontinent
möglichst "stabile Verhältnisse" (=Diktatur) herrschen. Dann kann man
sich nämlich sicher sein, dass einem da kein Wettbewerber entsteht.
Nur ist es halt reichlich doof, so was noch mit Demonstrationen zu
unterstützen.
> Während Globalisierungskritiker die _Ursachen_ für die afrikanischen
> Schulden abzuschaffen suchen - zum Beispiel durch fairen Handel mit
> Waren und Rohstoffen.
Allein der Ausdruck "Globalisierungskritik" ist bescheuert, da
könnten die sich wirklich mal was besseres überlegen. Das Gegenteil
von Globalisierung ist Protektionismus...
Nur freier Handel ist fairer Handel. Also wenn man schon meint, für
etwas demonstrieren zu müssen, dann für die sofortige Abschaffung
aller Subventionen und Handelsschranken gegenüber allen halbwegs
zivilisierten Ländern.