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  • cip22

mehr als 1000 Beiträge seit 08.11.2000

Schlechter Vergleich

mpunktl schrieb am 4. Juni 2007 11:21

> wann verlasse ich das Grundstück und befinde
> mich auf der Datentrasse, bzw. lasse die
> Firewall hinter mir und bewege mich in
> öffentlichem Raum?
> Genaus muß ich die Frage zulassen, darf,
> nur weil ich einen Zaun habe, keiner mehr
> auf mein Grundstück schauen?

Um in diesem merkwürdigen Vergleich zu bleiben: Genau aus diesem
Grund werde ich meine Steuererklärung nicht nachts mit dem
Overhead-Projektor an meine Hauswand werfen.

Es trifft ja sicher zu, daß das Internet in einem gewissen Sinn eine
»sozialer Raum« ist - es gibt Foren, Websites, das Usenet, überall
wird gepostet, gelesen, m.a.W.: kommuniziert. Aber Kommunikation ist
vielfältig. Manchmal flüstert man, damit kein Dritter etwas hört.
Briefe können den Vermerk enthalten, daß sie nach dem Lesen
vernichtet werden sollten. Und zu Hause am Eßtisch sag ich vielleicht
Sachen, die ich in der Firma lieber nicht sagen würde. Ist alles
völlig üblich und enthält per se keine juristischen oder moralischen
Probleme.

Und kann mir jetzt mal einer sagen, wo der Nutzen für unsere
Rechtsordnung und unser Zusammenleben liegen soll, wenn plötzlich
*alle* Daten über einen Kamm geschert werden und es keinen
Unterschied mehr machen soll, ob ich mir eine virtuelle Haftnotiz an
*meinen* Desktop mache oder den gleichen Wortlaut hier im Heise-Forum
poste?? Das ist doch absurd!

Ich hab doch nichts dagegen, wenn das BKA arabisch lernt und sich auf
den einschlägigen Islamismus-Seiten schlau macht. Und wenn einer
unter begründeten Verdacht kommt, sollen sie auch gern seine Wohnung
durchsuchen und seine Festplatte konfiszieren. Aber deshalb meine
Festplatten und die von vielen Millionen unbescholtenen
Internet-Usern a priori zum Teil der "Sozialsphäre" zu erklären, nur
um legal heimlich darin rumschnüffeln zu dürfen - das ist wirklich
ein dicker Hund! Das ist auch schon eigentumsrechtlich bedenklich. Es
geht doch niemanden etwas an, ob sich dieses oder jenes Bitmuster auf
der Oberfläche meiner Festplatte befindet, oder ob ich sie zerkratze,
kryptografisch schütze oder in der Mikrowelle brutzle. Wir reden hier
von *Zeichen*! Der Staat darf auch nicht verdachtsunabhängig
jederzeit jedes Stück Papier im ganzen Land anschauen, bloß weil in
irgendeinem Notizbuch konspirative Informationen stehen oder
irgendein Bierdeckel von einem Mordaufruf geziert wird! Es gibt in
dieser Debatte Leute, die auch nicht das kleinste bißchen Augenmaß
oder Commonsense erkennen lassen, sondern auf eine Weise
kommunizieren, die man nur noch als »sicherheitsfundamentalistisch«
bezeichnen kann. 

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