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  • killingfields

mehr als 1000 Beiträge seit 20.06.2001

Hatte irgendwer was anderes erwartet?

"Für viele Studierende in akuten Notlagen wird der Notfallmechanismus – jetzt und in Zukunft – keinen Cent bereithalten"

Sorry, aber der Bund hat nur begrenzt Geld. Für 2,95 Millionen Studierende und eventuell 1,29 Millionen Auszubildende die Kosten für Strom und Gas übernehmen und sei es nur pro Monat 200,-EUR zusätzlich, kann sich dieser Staat auf Dauer nicht leisten. Reden wir doch dann schon von 0,85 Mrd. EUR pro Monat.

Der am Donnerstag vom Bundestag beschlossene Notfallmechanismus greift nur bei großflächigem Jobverlust, nicht bei Kostenexplosionen. Kritiker beklagen Etikettenschwindel.

Genauso wenig wie der Staat 2009 die Banken hätte retten können, genauso wenig kann er jetzt die Bevölkerung vor der Armut retten. Auch wenn es viele noch glauben, es wird keine monatliche Entlastung für die unteren Lohngruppen geben, denn die machen in diesem Land rund 35%* der Bevölkerung aus bzw. 28 Mio. absolut. Alleine 200,-EUR pro Monat Entlastung würde den Staat 5,7 Mrd. pro Monat zusätzlich kosten. Milliarden, die nicht durch Einnahmen gedeckt sind, sondern mittels Krediten finanziert werden müssten.

Entsprechend groß ist die Enttäuschung bei Verbandsvertretern. "Der Notfallmechanismus ist nur eine Worthülse, wenn nicht alle Studierenden und nur ein Bruchteil aller Krisen mitbedacht werden", monierte der studentische Dachverband fzs. "Für viele Studierende in akuten Notlagen wird der Notfallmechanismus – jetzt und in Zukunft – keinen Cent bereithalten"

Haben die Verbände immer noch nicht kapiert, wie dieses Land funktioniert?

Machen wir uns nichts vor, unser Staat nimmt es den Einen und gibt es anschließend den Anderen. Zu sparen oder Rücklagen bilden hat dieser Staat noch nie praktiziert. Alles funktioniert nur dadurch, dass es auf der einen Seite Bürger und Unternehmen gibt, die mehrheitlich hier auch Steuern zahlen und dadurch den Sozialstaat finanzieren.

Die steuerzahlenden Unternehmen zählen aber nicht zu den von der Politik hofierten DAX 30 Unternehmen. Auch sind es nicht die Milliardärsfamilien wie Albrecht, Quandt, Schaeffler, Schwarz etc. die in Deutschland Steuern zahlen, sondern es sind gerade die Klein- und mittelständische Unternehmen, das Handwerk, die Bürger in den unteren Lohngruppen, die diesen Sozialstaat finanzieren.

Genau diese Gruppen geraten aber gerade in die Bredouille, dass sie selber ihre Kosten für Strom und Gas nicht mehr tragen können und dadurch eventuell als Firma oder auch Bürger ihre Insolvenz anmelden müssen. Alleine im Handwerk sind derzeit 5,6 Millionen Personen** beschäftigt. Die Durchschnittlich 2.636 EUR verdienen und damit in diesem Winter alleine rund 8,8 Mrd. EUR an Kurzarbeitergeld bekommen könnten. Falls diese Betriebe ihre Dienstleistungen durch die Energiekosten aussetzen müssten.

Dabei hat die Ampelregierung in der Zwischenzeit mehrere "Entlastungspakete" geschnürt, wobei im Rahmen des dritten sogar Studierende – und zwar alle – mit einem einmaligen 200-Euro-Energiebonus bedacht werden sollen.

Die Ampelkoalition betreibt momentan reine Symbolpolitik, denn es geht ihr momentan nur um die Niedersachsenwahl am 9. Oktober 2022 und dass sie von Bürgern und genauso auch von Studenten mehrheitlich gewählt wird.

Es geht nicht um die Bundesrepublik, die mit einem Bein bereits im Abgrund steht. Denn dazu müsste unsere Regierung entweder wirklich auch lieferbare Alternativen für russisches Gas und Öl vorweisen können. Grüner Wasserstoff ist toll, Gas aus Katar und Öl aus Saudi-Arabien ist auch toll. Aber auch nur dann, wenn noch dieses Jahr geliefert werden könnte und nicht erst 2025. Ansonsten müssen Baerbock und Scholz über ihren Schatten springen und wirklich anfangen auch mit den Russen ernsthaft über Energielieferungen zu verhandeln.

Momentan kommt es mir vor, als würde ich live in einen der alten Aral Spot leben, wo jemand an zig Tankstellen vorbeifährt, eventuell auch bereit ist zu laufen, weil nur Sprit von Aral in seinen Tank soll.

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* https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/mit-diesem-einkommen-zahlen-sie-zur-gehalts-oberschicht-4090597.html
** https://de.statista.com/statistik/daten/studie/5156/umfrage/entwicklung-der-anzahl-an-beschaeftigten-im-deutschen-handwerk/
*** https://www.gehaltsvergleich.com/gehalt/Handwerk

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