logiko schrieb am 02.11.2021 09:55:
Tibet war nach unseren Maßstäben in den 50er Jahren rückständig.
Vor allem war es von keinem andern Staat der Welt als solcher anerkannt. Da hilft auch der "de facto"-Status, den heute manche ins Feld führen, nicht dran vorbei.
Nur diese Betrachtung ist in etwa so sinnvoll, wie die Betrachtung, Südamerika wolle zu den Aztekenkulten zurück, mit ihrer Steinzeittechnologie, Menschenopfern und der Unterdrückung anderer Stämme, bei denen Cortez massig Zulauf hatte, als er das Imperium zerschlug, um den Goldraub und ein mörderisches Kolonialsystem zu ermöglichen. Die 14,5 Millionen Tote, die die spanische Kolonisierung Mexikos erbrachte, werden dadurch ja nicht besser, dass die Eingeborenen rückständig waren.
Der Hauptunterschied ist eben, dass der Kolonialstatus von andern Ländern auch immer wieder angegriffen wurde, wenn sie selber lieber Kolonialherr sein wollten. Auch Mexiko hat sich seine Unabhängigkeit erkämpfen müssen und war dabei bis 1921 dann erfolgreich und wurde international anerkannt.
Die Republik Hawaii wurde von den USA zuerst anerkannt und dann annektiert.
Die UN führt eine Liste von Gebieten ohne Selbstregierung. Viele davon sind unter Herrschaft der alten Kolonialstaaten und der USA. Bspw. Guam, das früher spanisch regiert war, dann amerikanisch, dann japanisch, dann wieder amerikanisch. Tibet ist bei der Liste nicht dabei.
Es spielt keine Rolle, wie rückständig Länder sind, sondern, ob sie international (irgendwann mal in der Neuzeit) als eigenständiger Staat anerkannt waren.