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  • König mit Krone

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Helmut Schmidt in der "ZEIT" über Terrorismus

https://www.zeit.de/2007/36/Interview-Helmut-Schmidt/komplettansicht

ZEIT: Gab es denn eine besondere Form des Terrorismus in Deutschland durch Baader, Meinhof und die anderen?

Helmut Schmidt: Ich habe den Verdacht, dass sich alle Terrorismen, egal, ob die deutsche RAF, die italienischen Brigate Rosse, die Franzosen, Iren, Spanier oder Araber, in ihrer Menschenverachtung wenig nehmen. Sie werden übertroffen von bestimmten Formen von Staatsterrorismus.

ZEIT: Ist das Ihr Ernst? Wen meinen Sie?

Helmut Schmidt: Belassen wir es dabei. Aber ich meine wirklich, was ich sage.

(...)

ZEIT: Eine geheime Aktennotiz eines Beamten des Bundesnachrichtendienstes ist später aufgetaucht, die besagt, dass es als Spitzenverbindung einen BND-Agenten gab, der eine verdeckte Operation zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vorschlug. Die lautete folgendermaßen: "Eliminierung des europäischen Führungskaders" sowie "Liquidierung" der Aktionseinheit, also des Kommandos. Solche haarsträubenden Details hat Stefan Aust in seinem Buch Der Baader Meinhof Komplex dokumentiert. Ich frage Sie: Darf Ihrer Meinung nach jemand, der für den Geheimdienst eines demokratischen Staates arbeitet, solche Vorschläge unterbreiten?

Helmut Schmidt: Ich will die Frage nicht beantworten. Ich will dazu was ganz anderes sagen: Ich traue inzwischen überhaupt keinem Geheimdienst mehr. Punkt.

ZEIT: Wie sind Sie denn zu dieser Einsicht gekommen?

Helmut Schmidt: Das sind arme Schweine. Die leiden unter zwei psychischen Krankheiten: Die eine Krankheit beruht darauf, dass sie für das, was sie tatsächlich leisten, niemals öffentliche Anerkennung bekommen. Es ist unvermeidlich so, sie müssen ja im Verborgenen arbeiten. Das deformiert die Seele. Die andere Krankheit beruht darauf, dass sie tendenziell dazu neigen, zu glauben, sie verstünden die nationalen Interessen des eigenen Landes viel besser als die eigene Regierung. Diese letztere Krankheit ist der Grund dafür, dass ich ihnen nicht traue. Ich war 13 Jahre lang Mitglied einer Bundesregierung. Ein einziges Mal habe ich den Chef des BND für zehn Minuten empfangen; das war einer, den ich kannte.

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