Aber dass ein Foto-Upload von einer Party oder aus dem Urlaub von Ermittlern automatisiert zu biometrischen Identifikationszwecken verwendet würde, konnte oder wollte sich bis letztes Jahr niemand vorstellen
Ich bin einer dieser Niemands, die genau das seit Jahren bei jeder Gelegenheit gesagt haben, und die andere Menschen teilweise übertrieben eindringlich darum gebeten haben, dass sie kein Foto machen sollen und die deshalb schon seit Jahren im Ruf stehen, dass sie langsam paranoid werden. Aber immerhin: Es gibt kaum Fotos von mir, auf denen man mich auch erkennen könnte.
Hier ein acht Jahre alter Text, in dem ich das mal zusammengefasst habe, um es nicht immer wieder mündlich mitteilen zu müssen:
http://www.tamagothi.de/2013/07/28/nein-du-darfst-mich-nicht-fotografieren/
Und für alle, die nicht klicken wollen, hier ein paar Zitätchen – es ist für mich leider schwierig, meine eigenen Texte zu kürzen, obwohl die oft ein bisschen weitschweifig werden:
Andere werden dieses Bild sehen, andere, die mich schon einmal gesehen haben, aber mich nicht wirklich kennen und deshalb nicht wissen können, wie ich zu solchen Dingen stehe (ich jaule ja nicht jedem ständig die Ohren damit voll); sie werden eine Markierung darauf setzen und sie werden der sich zum Hohn »sozial« nennenden Biometriewanze mitteilen, dass das doch der Elias Schwerdtfeger ist. Vielleicht haben sie auf der gleichen Website einer Unternehmung ohne seriöses Geschäftsmodell auch früher einmal mitgeteilt, bei welcher Gelegenheit sie mich kennengelernt haben, was ich erzählt oder vorgelesen habe, worüber ich Witze gemacht habe und was mich wütend gemacht hat.
Und so wird nach und nach von einem Heer von Idioten eine Biometriedatenbank aufgebaut – von S/M¹-Websklaven, die sich für diese Arbeit nicht einmal mehr mit Glasperlen, sondern nur mit ein paar Plussen und Daumenhochs anderer S/M-Websklaven bezahlen lassen. Wie viel Respekt doch Judas Iskariot hatte, der hat für seinen Verrat wenigstens noch genug Geld genommen, dass man ein Stück Land davon kaufen konnte, wenns auch zum Friedhof wurde. Die Barbaren des Web geben alles für ein fressendes Nichts her, für ein Spiegelbild des Nichts in ihrem eigenen, hohlen, unsäglich dummen Dasein.
(…) Dass eine biometrische Datenbank fast der ganzen Weltbevölkerung für viele Anwendungen interessant ist, die nicht in meinem Interesse liegen, brauche ich hoffentlich nicht weiter zu erläutern, weil sie wohl auch nicht in deinem Interesse liegen werden. Dass solche Daten irgendwann für Anwendungen verwendet werden, die in beinahe keines Menschen Interesse liegen; dass sie einmal von einer Unternehmung ohne seriöses Geschäftsmodell verkauft oder vermietet werden, einfach, weil es Profit bringt (oder kostenlos abgegeben, weil es die Regierung eines Überwachungsstaates wie etwa die Vereinigten Staaten eines Teils von Nordamerika gesetzlich erzwingt, diese einer von Geheimausschüssen »kontrollierten«, von Geheimgerichten beurteilten Geheimpolizei zu geben); dass diese Datenbank zusammenfließen wird mit dem immer weiter fortschreitend und demnächst wohl vollständig kameraüberwachten öffentlichen Raum und es ermöglichen wird, von jedem Menschen vollständige Bewegungsprofile in der Öffentlichkeit zu erstellen, von denen George Orwell nicht einmal träumen konnte, sollte sogar dir als Möglichkeit vor Augen stehen. Und. Das nicht als Möglichkeit für eine ferne Zunkunft, sondern als Möglichkeit für die nächsten fünf bis zehn Jahre (…)
(…) Für Sicherheit und Ordnung. Für Ordnung und Sicherheit. Das zum technokratischen Allauge gewordene Auge des Spießers wird eine Welt aus Gartenzwergen, Katzenfotos und Polizeiknüppeln schaffen, in der zumindest ich nicht mehr atmen kann
Ich vermisse regelmäßig den Trost darin, recht gehabt zu haben. :-(
¹S/M ist meine Abk. für »social media«. Aus Gründen.