cui bono schrieb am 4. November 2002 12:06
> mehr) in eine Abhängigkeit von den USA gerät, die -davon gehst Du ja
> wohl aus- die USA hemmungslos ausnutzen und weiter auszunutzen
> gedenken.
Das ist aus der historischen Erfahrung der internationalen
Beziehungen heraus, und unter berücksichtigung der menschlichen
Verhaltensweise das Wahrscheinlichste.
> Wie erklärst Du Dir, daß ausgerechnet Dein Rezept GEGEN diese ungute
> Situation von den USA selbst den Europäern aufgezwungen werden soll?
> Oder ist Dir entgangen, wie sehr die USA auf eine Aufrüstung Europas
> drängen? Heute kann man es im SPIEGEL wieder nachlesen: "Guter
> Freund. Joschka Fischers Besuch in Washington hat den
> deutsch-amerikanischen Konflikt nicht beendet. Die Amerikaner stellen
> neue Forderungen." heißt es da auf Seite 136. Und weiter, unter
Es kommt drauf an, welchs Waffen. Über Galineo werden die Amis kaum
glücklich sein. Wenn die EU neue Transportkapazitäten kauft, dann
schon.
> Bezugnahme auf den amerikanischen Nato-Botschafter, Nicholas Burns:
> "Gemeinsam mit Kanada und Luxemburg trage Deutschland bei den
> Wehrausgaben in der Nato die rote Laterne, rügte der Diplomat. Berlin
> solle tunlichst zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukt für das Militär
> aufwenden - was satten 40 Milliarden Euro entspräche. Das wäre ein
Tja, mein lieber Cui Bono, und vor ein paar Tagen hast du dieser
Regirung noch Kriegstreiberei vorgeworfen. Jetzt erzählst du mir, sie
hätten einen der niedrigsten Militärhaushalte der Welt.
> mächtiger Sprung im derzeit für 2003 geplanten Wehretat von 24,4
> Milliarden, den Finanzminister Eichel freilich noch kürzen möchte."
> Glaubst Du wirklich, die USA würden sich für die Aufrüstung Europas
> einsetzen, wenn das ihren eigenen Möglichkeiten und Plänen
> zuwiderlaufen würde?
Es kommt, wie gesagt, auf die Waffentypen an.
> Und noch ein Problem habe ich mit Deiner Haltung. Die "europäischen
> Interessen", wie Du sie beschreibst, beschränken sich auf so etwas
> wie "Sicherung von Ressourcen" und "Erhöhung des Lebensstandards". So
> wichtig das ist: Wenn wir dies vornehmlich durch militärische Stärke
> zu erreichen versuchten - dann wüßte ich gar nicht, worin Europa sich
> eigentlich von den USA unterscheiden sollte? Mir geht es aber bei der
Wenn nur die USA es tun, dann verlieren wir und die USA gewinnen.
Dann wird Europa bald genauso zu den ausgebeuteten Regionen der Welt
gehören, und von den USA abhängig sein. Aber, wie gesagt, wenn du
dich als Schuhputzer Uncle Sams wohlfühst.
> auch von mir gewünschten Stärkung Europas vielmehr darum, daß ich mir
> davon erhoffe, daß ein einiges Europa für mehr Gerechtigkeit in der
> Welt eintritt, dafür, daß die gnadenlose Ausbeutung einem gerechten
> Welthandel weicht, daß die europäische Idee UND Praxis des
> Sozialstaates erhalten und auch für andere Teile der Welt möglich
Genau! Das fände ich natürlich auch toll. Wer nicht? Nur erinnert
mich das an einen alkoholabhängigen, obdachlosen
Alt-Achtundsechziger, der zwar im Müll lebt, aber "moralisch immer
auf der richtigen Seite stand". Klasse! Was hats gebracht? Gar
nichts.
Europa sollte zunächst seine Position in der Welt aufbauen, ausbauen
und festigen. Danach hat es dann die Mittel und Möglichkeiten anderen
zu helfen. Ist so ähnlich wie im Flugzeug: "Erst die eigene Atemmaske
anlegen, erst danach anderen helfen".
> wird. Auch wenn ich mir durchaus darüber im klaren bin, daß das ohne
> einen gewissen VERZICHT AUF UNSERER SEITE nicht möglich ist. Dazu bin
> ich bereit.
Und das ist zwar sehr lobenswert, aber illusorisch zu glauben, die
Mehrheit würde genauso denken. Ich persönlich kann dir nur zustimmen.
In der Dritten Welt habe ich in einem Dorf gelebt und viele Dinge
waren da halt ...naja, weniger luxuriös als im Westen. Trotzdem fand
ich es angenehmer.
> überzeugt davon, daß es auf die Dauer billiger ist, friedlich zu
> teilen, als einen blutigen Krieg nach dem anderen zu führen und
Klar, nur solange die USA von diesem System profetieren, wird niemand
es ändern können. Nur wenn Europa stark wird, wird es auch seine
kultur der sozialen Gerechtigkeit und der solidarischen Gesellschaft
"exportieren" können.
> [Wie es derzeit besonders krass in Südamerika zu beobachten ist. Du
> warst doch dort? Du mußt davon doch etwas bemerkt haben? In den 60er
Ich war in Lateinamerkia, allerdings nicht in Südamerika.
> Jahren hatten die Argentinier noch einen Lebensstandard, der dem der
> Kanadier entsprach; heute können sie davon nur noch träumen.]
Die Argentinier hatten nie einen Lebsnstandart vergleichbar mit
Canada. Allerdings hatten sie durchaus einen hohen Lebensstandart.
Den verfall desselben allerdings ausschließlich auf "das
internationale System" zu schieben, halte ich für zu kurz gegriffen.
Die meisten Probleme Arbentiniens sind selbst verschuldet. Vor allen
die Dollar-Bindung war bescheuert und diente nur der Wiederwahl
Mennems in den 90ern (durch Dollar-Bindung werden importe billger und
der Lebensstandart steigt kurzfristig stark an. Eine beliebte
Methode.) Jetzt müssen die Arbentinier die Konsequenzen für diese
Politik zahlen.
> Von dem ungeheuren Leid, das Krieg bedeutet und das in Kauf zu nehmen
> eine Politik der militärischen Stärke bedeutet, ganz zu schweigen.
Das ist ja immer das Problem. Es wird so getan, als sei Krieg durch
abrüstung vermeidbar. Eher das Gegenteil ist der Fall. Das nennt man
Abschreckung.
> Wenn aber von Europa gar keine neue, gerechtere Weltpolitik ausgehen
> soll, sondern nur ein Abklatsch US-amerikanischen Hegemonie-Gebarens,
> dann wäre es für mich völlig sinnlos, eine Emanzipation Europas von
> den USA anzustreben... Dann könnte genauso gut alles bleiben, wie es
> ist.
Es bleibt aber nicht, wie es ist. Europa wird weiter und weiter
abhängig von den USA, und mehr und mehr ausgebeutet. Auf der anderen
Seite wird es von uns Europäern abhängen, wie ein starkes Europa
seine Stärke einsetzt. Auf die USA können wir keinen Einfluß nehmen,
auf die EU-Politik schon (immerhin funktionieren unsere Demokratien).
> wenn wir mit dieser speziell europäischen Stärke daran gingen, uns
> entschiedener in die Weltpolitik einzumischen. DAS IST ES, WORAUF DIE
> STÄRKUNG EUROPAS GRÜNDEN KÖNNTE - UND SOLLTE!
Klasse. Und dann kommt die USA, nimmt sich, was sie braucht, und
Europa steht da mit seine Fahne der Lieben Welt. Und wenns der USA zu
viel des Guten wird, dann wird das Öl mal eben etwas teurer gemacht,
oder andere Rohstoffe werden gedrosselt, bis Europa dann wieder im
Sinne der USA aggiert.
> Fazit: Wenn eine Stärkung Europas nicht dem Ziel dienen soll, DAS
> RECHT ZU STÄRKEN, statt auf das Recht des Stärkeren zu setzen, dann
> kann ein "starkes Europa" mir gestohlen bleiben!
Du wirst mehr Arbeiten müssen, und dafür weniger bekommen. Mal sehen,
ob du dir dann nicht doch selbst der Nächste sein wirst. Nur wird es
dann zu spät sein.
> P.S. Gleich neben dem zitierten SPIEGEL-Artikel, auf Seite 137,
> schreibt ein Amerikaner (David Binder), der offensichtlich zur
> kleinen Minderheit von Amerikanern mit -diesem, oben beschriebenen-
> europäischen Geist zu zählen ist, wie sehr er sich wünscht, daß
> Europa sich gegen die US-amerikanische Gewaltpolitik auflehnt, und
> daß die jüngste Entwicklung, wie sie zuerst von Deutschland und dann
> von Frankreich befördert wurde, ihn wirklich hoffen läßt...
Ja, mich auch. Nur muß Europa für eine von den USA unabhängige
Politik auch in der Lage sein, sein weltweiten Interessen zu
schützen. Man sollte das dann aber auch nicht immer gleich mit
"Kriege und Zerstörung" gleichsetzen. Miilitärische Stärke dient vor
allem dazu, abzuschrecken, und dadurch Gewalt zu verhindern. (aka.
"Lohnt sich nicht, der ist zu stark.")
> mehr) in eine Abhängigkeit von den USA gerät, die -davon gehst Du ja
> wohl aus- die USA hemmungslos ausnutzen und weiter auszunutzen
> gedenken.
Das ist aus der historischen Erfahrung der internationalen
Beziehungen heraus, und unter berücksichtigung der menschlichen
Verhaltensweise das Wahrscheinlichste.
> Wie erklärst Du Dir, daß ausgerechnet Dein Rezept GEGEN diese ungute
> Situation von den USA selbst den Europäern aufgezwungen werden soll?
> Oder ist Dir entgangen, wie sehr die USA auf eine Aufrüstung Europas
> drängen? Heute kann man es im SPIEGEL wieder nachlesen: "Guter
> Freund. Joschka Fischers Besuch in Washington hat den
> deutsch-amerikanischen Konflikt nicht beendet. Die Amerikaner stellen
> neue Forderungen." heißt es da auf Seite 136. Und weiter, unter
Es kommt drauf an, welchs Waffen. Über Galineo werden die Amis kaum
glücklich sein. Wenn die EU neue Transportkapazitäten kauft, dann
schon.
> Bezugnahme auf den amerikanischen Nato-Botschafter, Nicholas Burns:
> "Gemeinsam mit Kanada und Luxemburg trage Deutschland bei den
> Wehrausgaben in der Nato die rote Laterne, rügte der Diplomat. Berlin
> solle tunlichst zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukt für das Militär
> aufwenden - was satten 40 Milliarden Euro entspräche. Das wäre ein
Tja, mein lieber Cui Bono, und vor ein paar Tagen hast du dieser
Regirung noch Kriegstreiberei vorgeworfen. Jetzt erzählst du mir, sie
hätten einen der niedrigsten Militärhaushalte der Welt.
> mächtiger Sprung im derzeit für 2003 geplanten Wehretat von 24,4
> Milliarden, den Finanzminister Eichel freilich noch kürzen möchte."
> Glaubst Du wirklich, die USA würden sich für die Aufrüstung Europas
> einsetzen, wenn das ihren eigenen Möglichkeiten und Plänen
> zuwiderlaufen würde?
Es kommt, wie gesagt, auf die Waffentypen an.
> Und noch ein Problem habe ich mit Deiner Haltung. Die "europäischen
> Interessen", wie Du sie beschreibst, beschränken sich auf so etwas
> wie "Sicherung von Ressourcen" und "Erhöhung des Lebensstandards". So
> wichtig das ist: Wenn wir dies vornehmlich durch militärische Stärke
> zu erreichen versuchten - dann wüßte ich gar nicht, worin Europa sich
> eigentlich von den USA unterscheiden sollte? Mir geht es aber bei der
Wenn nur die USA es tun, dann verlieren wir und die USA gewinnen.
Dann wird Europa bald genauso zu den ausgebeuteten Regionen der Welt
gehören, und von den USA abhängig sein. Aber, wie gesagt, wenn du
dich als Schuhputzer Uncle Sams wohlfühst.
> auch von mir gewünschten Stärkung Europas vielmehr darum, daß ich mir
> davon erhoffe, daß ein einiges Europa für mehr Gerechtigkeit in der
> Welt eintritt, dafür, daß die gnadenlose Ausbeutung einem gerechten
> Welthandel weicht, daß die europäische Idee UND Praxis des
> Sozialstaates erhalten und auch für andere Teile der Welt möglich
Genau! Das fände ich natürlich auch toll. Wer nicht? Nur erinnert
mich das an einen alkoholabhängigen, obdachlosen
Alt-Achtundsechziger, der zwar im Müll lebt, aber "moralisch immer
auf der richtigen Seite stand". Klasse! Was hats gebracht? Gar
nichts.
Europa sollte zunächst seine Position in der Welt aufbauen, ausbauen
und festigen. Danach hat es dann die Mittel und Möglichkeiten anderen
zu helfen. Ist so ähnlich wie im Flugzeug: "Erst die eigene Atemmaske
anlegen, erst danach anderen helfen".
> wird. Auch wenn ich mir durchaus darüber im klaren bin, daß das ohne
> einen gewissen VERZICHT AUF UNSERER SEITE nicht möglich ist. Dazu bin
> ich bereit.
Und das ist zwar sehr lobenswert, aber illusorisch zu glauben, die
Mehrheit würde genauso denken. Ich persönlich kann dir nur zustimmen.
In der Dritten Welt habe ich in einem Dorf gelebt und viele Dinge
waren da halt ...naja, weniger luxuriös als im Westen. Trotzdem fand
ich es angenehmer.
> überzeugt davon, daß es auf die Dauer billiger ist, friedlich zu
> teilen, als einen blutigen Krieg nach dem anderen zu führen und
Klar, nur solange die USA von diesem System profetieren, wird niemand
es ändern können. Nur wenn Europa stark wird, wird es auch seine
kultur der sozialen Gerechtigkeit und der solidarischen Gesellschaft
"exportieren" können.
> [Wie es derzeit besonders krass in Südamerika zu beobachten ist. Du
> warst doch dort? Du mußt davon doch etwas bemerkt haben? In den 60er
Ich war in Lateinamerkia, allerdings nicht in Südamerika.
> Jahren hatten die Argentinier noch einen Lebensstandard, der dem der
> Kanadier entsprach; heute können sie davon nur noch träumen.]
Die Argentinier hatten nie einen Lebsnstandart vergleichbar mit
Canada. Allerdings hatten sie durchaus einen hohen Lebensstandart.
Den verfall desselben allerdings ausschließlich auf "das
internationale System" zu schieben, halte ich für zu kurz gegriffen.
Die meisten Probleme Arbentiniens sind selbst verschuldet. Vor allen
die Dollar-Bindung war bescheuert und diente nur der Wiederwahl
Mennems in den 90ern (durch Dollar-Bindung werden importe billger und
der Lebensstandart steigt kurzfristig stark an. Eine beliebte
Methode.) Jetzt müssen die Arbentinier die Konsequenzen für diese
Politik zahlen.
> Von dem ungeheuren Leid, das Krieg bedeutet und das in Kauf zu nehmen
> eine Politik der militärischen Stärke bedeutet, ganz zu schweigen.
Das ist ja immer das Problem. Es wird so getan, als sei Krieg durch
abrüstung vermeidbar. Eher das Gegenteil ist der Fall. Das nennt man
Abschreckung.
> Wenn aber von Europa gar keine neue, gerechtere Weltpolitik ausgehen
> soll, sondern nur ein Abklatsch US-amerikanischen Hegemonie-Gebarens,
> dann wäre es für mich völlig sinnlos, eine Emanzipation Europas von
> den USA anzustreben... Dann könnte genauso gut alles bleiben, wie es
> ist.
Es bleibt aber nicht, wie es ist. Europa wird weiter und weiter
abhängig von den USA, und mehr und mehr ausgebeutet. Auf der anderen
Seite wird es von uns Europäern abhängen, wie ein starkes Europa
seine Stärke einsetzt. Auf die USA können wir keinen Einfluß nehmen,
auf die EU-Politik schon (immerhin funktionieren unsere Demokratien).
> wenn wir mit dieser speziell europäischen Stärke daran gingen, uns
> entschiedener in die Weltpolitik einzumischen. DAS IST ES, WORAUF DIE
> STÄRKUNG EUROPAS GRÜNDEN KÖNNTE - UND SOLLTE!
Klasse. Und dann kommt die USA, nimmt sich, was sie braucht, und
Europa steht da mit seine Fahne der Lieben Welt. Und wenns der USA zu
viel des Guten wird, dann wird das Öl mal eben etwas teurer gemacht,
oder andere Rohstoffe werden gedrosselt, bis Europa dann wieder im
Sinne der USA aggiert.
> Fazit: Wenn eine Stärkung Europas nicht dem Ziel dienen soll, DAS
> RECHT ZU STÄRKEN, statt auf das Recht des Stärkeren zu setzen, dann
> kann ein "starkes Europa" mir gestohlen bleiben!
Du wirst mehr Arbeiten müssen, und dafür weniger bekommen. Mal sehen,
ob du dir dann nicht doch selbst der Nächste sein wirst. Nur wird es
dann zu spät sein.
> P.S. Gleich neben dem zitierten SPIEGEL-Artikel, auf Seite 137,
> schreibt ein Amerikaner (David Binder), der offensichtlich zur
> kleinen Minderheit von Amerikanern mit -diesem, oben beschriebenen-
> europäischen Geist zu zählen ist, wie sehr er sich wünscht, daß
> Europa sich gegen die US-amerikanische Gewaltpolitik auflehnt, und
> daß die jüngste Entwicklung, wie sie zuerst von Deutschland und dann
> von Frankreich befördert wurde, ihn wirklich hoffen läßt...
Ja, mich auch. Nur muß Europa für eine von den USA unabhängige
Politik auch in der Lage sein, sein weltweiten Interessen zu
schützen. Man sollte das dann aber auch nicht immer gleich mit
"Kriege und Zerstörung" gleichsetzen. Miilitärische Stärke dient vor
allem dazu, abzuschrecken, und dadurch Gewalt zu verhindern. (aka.
"Lohnt sich nicht, der ist zu stark.")