Ziemlich viel verlorene Liebesmüh. Ein Koalitionsvertrag ist per se eine Ankündigungslawine. Das einzige, was aus seinem Abschluss sicher geschlossen werden kann ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Ampel-Regierung nun sehr deutlich gestiegen ist, gegen hundert Prozent geht und damit Laschets allerletztes Fell davonschwimmt.
Von den drei Parteien einen systemischen Umschwung zu erwarten ist reichlich naiv. Wenn es auf einigen Politikfeldern in die korrekte Richtung geht und in anderen zumindest nicht weiter in die falsche, wäre das schon viel mehr, als man sich z. B. vor einem Jahr von einer neuen Regierung hätte erwarten können.
Leicht beängstigend ist die Idee, Baerbock ins Aussen- und Lindner ins Finanzministerium zu stecken. Umgekehrt wäre es wahrscheinlich für alle wesentlich gedeihlicher. Westerwelle war als Aussenminister durchaus brauchbar, aber wirklich nur dort. Nun ist zu befürchten, dass die moralisierenden Begründungen für weiteres Russland- und China-Bashing dieses weiter begünstigen und so die unheilvolle militaristische Entwicklung der letzten Jahre verstärkt wird. Da sei hoffentlich Scholz vor, denn mit einem weiteren Grosskrieg kann man die Menschheit noch weit schneller in eine ausweglose Lage befördern, als es die Klimaerhitzung je schaffen wird.
Jetzt muss man die Neuen erst mal ranlassen, Ihnen die üblichen hundert Tage einräumen. Dann ist dann Zeit für eine erste Bestandesaufnahme.