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  • jc1

mehr als 1000 Beiträge seit 16.07.2012

Re: Hochwasservorsorge: Die Politik ist das Problem, nicht die Lösung.

bismi schrieb am 10.06.2024 16:38:

Wenn Häuslebauer wieder mal merken, dass sie in Überschwemmungsgebieten gebaut haben, ist das ja gar nicht so schlimm in einer Demokratie. Die Politiker, die wiedergewählt werden wollen, werden ganz bestimmt die Wählerstimmen der Häuslebauer und vor allem die der besorgten Fernsehzuschauer kaufen wollen, indem sie die Schäden an den Häuslen auf Kosten des Steuerzahlers reparieren lassen.

In erster Linie nehmen sie solche Starkregenereignisse (so nennt man das derzeit wohl) zum Anlaß, sich den Kameras der Nachrichtenteams "vor Ort" in Gummistiefeln grimmig-entschlossenen Gesichtsausdrucks im Angesicht des Feindes Hochwasser zu präsentieren und dem Phrasendreschgenerator Entnommenes Satz um Satz in die Mikrophone zu buchstabieren. Allein die Entourage aus Wichtigmännern und deren bewegliche Schutzschilde, Presse, Fernsehen, Ortsprominenz, die da quer durch die Republik watzt, sorgt für eine beträchtliche lokale Klimaerwärmung,


Ohne solchen Geldregen müssten sich die Häuslebauer um eine gute, private Versicherungen kümmern. Und allein anhand der Höhe der Prämie können sie abschätzen, ob sie vorhaben, in einem Gefahrengebiet zu bauen oder nicht.

Sie müßten vor allem - und genau das passiert nicht! - ihre Butze nicht wieder genau in dieselbe Sasse setzen, die grad eben überschwemmt wurde. Sondern ihren Kram eben woanders hinpflanzen. Der Grund ist aber ganz einfach: Dazu müßte ihnen jemand diesen zur Verfügung stellen. Wenn eine Kommune jedoch keine Erschließungspläne hat und auch gar nicht erschließen will (mangels Geld) oder kann (mangels Verkaufswillen der bisherigen Grundeigner), bliebe nur der Wegzug. Für viele ist das aber keine Option. Ich war auch zuerst platt, als ich sehen konnte, wie im Ahrtal munter genau da wieder aufgebaut wird, was zuvor weggespült worden war. Aber so ein Plan B existierte eben nicht aus obigen Gründen. Bis woanders irgendwo eine dieser Gemeinden sich aufrafft, Grundstücke zu erschließen, mit Zufahrten, Elektro- und TK-Gekabels, Wasser, Kanalisation, Drainage etc. zu versehen, usw. (vorausgesetzt, sie könnten das und wären nicht ringsumher eingekeilt zwischen Naturschutzgebieten, Privatwäldern, Äckern und Naherholungsgebieten), vergingen eben ein paar Jährchen mehr als daß man sagt: "Okay, das war erschlossen, Bauen zugelassen, also in Dreideubels Namen nochmal von vorn!" und am selben Ort wiederaufbaut. Das einzige, was mir einfiele, wäre, daß die Kommune dem Häuslebauer sein altes Grundstück gegen ein neues eintauscht, aber wer das Gestaltungsvermögen dieser kleinen Gemeinden kennt, der ahnt, warum da nichts vorangeht. Die sind schon mit dem Pflichtkatlog und einer Kita zusätzlich am Anschlag.

Die Versicherungen kümmern sich dann mit ihren Ingenieuren und Mathematikern um die bestmögliche Messung und Berechnung des Risikos und der Prämien.

Da wäre dann nicht mal eine Pflichtversicherung nötig. Wer allerdings im Schadensfall nicht die richtige Versicherung hat, muss fallengelassen werden.

In BaWü gabs mal eine Elementarschadenpflichtversicherung für Häuslebauer. War wohl zu altmodisch-fürsorglich. Im Zuge der Thatcherisierung des Daseins ("There is no such thing as society") in der EU soll die weggefallen sein und jeder selber sehen, wo er bleibt.
Es sieht wohl so aus, als wäre der Wiederaufbau in nicht überschwemmungsgefährdeten Lagen also keine so einfache Sache. Die Häuslebesitzer sind meist auch in einem Lebensalter, in dem man kaum noch den "Reset"-Button für die eigene Lebensführung drücken kann und wer - so um die 50+ - endlich seine Hypotheken bei der Bank abgelöst hat, und dem Ruhestand mit 70% seiner bisherigen Bezüge entgegenblickt, ist schon ökonomisch nicht zu so einem Reset in der Lage. Bzw. fällt bei den Hypothekenbanken kühl durchs Bonitätsraster.
Ich sehe aber auch seitens der Politik mit ihrem dysfunktionalen Operationsmodus (in Legislaturperioden statt in Generationenzyklen zu denken und Gesetze zu fabrizieren, die mal zur Abwechslung so klug und durchdacht sind, daß sie nicht alle naselang geändert, "nachgeschärft" -derzeit besonders bei Innenministern beliebte Beschäftigung, weil man zuvor Mist gebaut oder garnichts gemacht hat- also ausgebessert, erweitert, ergänzt, angepaßt werden müßten) keine Hoffnung auf Besserung. Die Überschwemmungs-Gefährdungs-Karten, aus denen Art, Ausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit hervorgeht, gibt es übrigens längst. In Belgien jedenfalls.

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