Konventionelle Kraftwerke sind im Betrieb eigentlich unschlagbar. Ich hab mir das ganze in verschiedenen Kraftwerken angeschaut - nur ein Kernkraftwerk konnte ich nicht besuchen und jetzt ist es damit ja auch rum.
Eine beeindruckende Anlage ist das inzwischen stillgelegte Pumpspeicherwerk Niederwartha. Das habe ich mal so vor 20 Jahren im Rahmen meiner Ausbildung besucht. Schönes Ding, simpel im Aufbau und schnell erklärt. Stammt aus den 1920ern und konnte bis zu 120MW Leistung erbringen. Natürlich hat es auch die Leistung gebraucht, um Wasser ins Becken zu pumpen: überschüssiger Strom konnte so gespeichert werden, um später Leistungsspitzen abfangen zu können. Pumpspeicherwerke haben die mit Abstand kürzeste Reaktionszeit und dienen damit zum Leistungsausgleich im Netz.
Konventionelle Kraftwerke wollen möglichst im Dauerbetrieb laufen. Es sind Wärmekraftmaschinen: Wasser wird erhitzt, auf Arbeitsdruck gebracht und über die Turbinen geführt. Die Turbinen werden angetrieben und diese wiederum treiben Generatoren, welche dann bei rund 50 Hz die Nennleistung liefern. Bis die Kessel auf Temperatur sind, dauert es eine ganze Weile, Abkühlen ist ebenfalls ein enorm zeitintensiver Prozess. Auch Kernkraftwerke laufen im Grunde nach dem gleichen Prinzip: die Zerfallswärme erhitzt Wasser im Primärkreislauf, über einen Wärmetauscher zum Sekundärkreislauf wird die Energie transportiert, dort wird wieder der Wasserdampf auf Arbeitsdruck gebracht und über Turbinen geleitet.
Im Idealfall kann die bestmögliche Effizienz dann erreicht werden, wenn sämtliche Störeinflüsse kompensiert werden können und sich Leistungsbereitstellung und Last im Gleichgewicht befinden. Die Störfaktoren werden ja u.a. durch die schnell reagierenden Pumpspeicherwerke ausgeglichen, längere Energieengpässe können durch Gaskraftwerke ausgeglichen werden.
Normalerweise sollte jedes konventionelle Kraftwerk einen Turbinenstrang "Reserve" übrig haben, der zugeschaltet werden kann, wenn Bedarf besteht. Allerdings dauert das entsprechend der Natur der Anlage. Auch kann eine Turbine ausgekoppelt werden, wenn der Bedarf schlagartig sinkt und kein Pumpspeicherwerk die überschüssige Leistung aufnehmen kann. Die Reserve kann auch sich gerade im Wartungsprozess befinden, etwa wenn Turbinenblätter ausgetauscht werden müssen oder Verschleißteile am Generator ausgetauscht werden wollen.
Wasserkraftwerke sind effektiv so regelbar wie Pumpspeicherwerke: von Null auf Maximum in kürzester Zeit: es müssen nur die Schleußen geöffnet werden. Im Gegensatz zu Pumspeicherwerken haben aber Wasserkraftwerke einen praktisch unbegrenzten Speicher, aus dem sie zehren könnten. Das stimmt natürlich nicht immer: Talsperren können kurzfristig mehr Leistung abrufen aus dem Speicherbecken, müssen dann aber ihre Leistung runterregeln, wenn sich das Becken schneller leert, als es durch den Fluss aufgefüllt wird. Wenn kein Bedarf besteht aber das Becken gefüllt ist, kann über Bypässe Wasser ohne Stromerzeugung abgelassen werden.
Die maximale Regelbarkeit von Wasserkraftwerken macht sie eigentlich zu idealen Begleitern für Wind- und Solarparks: sie könnten die Lücken auffüllen, die sich durch Flauten, bewölkten Himmel bzw. Nachtzeiten ergeben. Allerdings sind die Anforderungen an die Umgebung solcher Kraftwerke enorm: es muss ein entsprechendes Gefälle geben und Platz für ein Speicherbecken, welches durch natürliche Quellen (Flüsse, Bäche usw) aufgefüllt werden kann, ohne dass zusätzlicher Energieaufwand entsteht. Damit können solche Kraftwerke prinzipbedingt nur in gebirgigen Regionen aufgestellt werden.
Leider haben wir nicht die nötigen Kapazitäten an Flüssen und Höhenlagen, um jedem Megawatt Wind/Solar-Leistung auch ein Wasserkraftäquivalent entgegenzustellen.
Pumpspeicherwerke können nur kurzfristige Spitzen abfangen und stehen zudem in Konkurrenz mit Talsperrenkraftwerken, weil sie grundsätzlich ähnliche Anforderungen stellen an die Umgebung. Man kann sicherlich auch künstliche Becken aufstellen und Wasser hineinpumpen bzw. ablaufen lassen, aber das ist ähnlich teuer wie Akkus auf die Kilowattstunde gerechnet. Wirtschaftlich muss ein Speicher schon sein.
An der Stelle übrigens: aus Sicht konventioneller Kraftwerke sind Wind- und Solarstromerzeugung Störgrößen, die den regulären Betrieb erschweren. Hier muss regulierend eingegriffen werden: überschüssiger Strom muss "verpumpt" werden oder wird ins Ausland veräußert. Das funktioniert natürlich nicht in Norddeutschland: wenn in Niedersachsen Wind weht und die Windparks Maximalleistung liefern, kann man den Strom mangels Stromtrassen in den Süden nicht innerhalb von Deutschland verwenden oder in Speicherbecken pumpen. Man kann ihn nur "verschenken" - an die Niederlande, die ebenfalls gerade ordentlich Wind hat. Auch Dänemark braucht an einem windreichen Tag keinen Windstrom aus Deutschland. Hier fällt halt die fehlende Infrastruktur auf die Füße.