Die Erzwingungshaft bei einer Geldbuße ist nicht auf das Bezahlen der Geldbuße, sondern die Offenlegung der finanziellen Verhältnisse gerichtet. Das ist wie bei der Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher.
§ 96 Abs. 2. OwiG: "Ergibt sich, daß dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, den zu zahlenden Betrag der Geldbuße sofort zu entrichten, so bewilligt das Gericht eine Zahlungserleichterung oder überläßt die Entscheidung darüber der Vollstreckungsbehörde. 2Eine bereits ergangene Anordnung der Erzwingungshaft wird aufgehoben."
ABER die meisten Ersatzfreiheitsstrafen sind schon jetzt vermeidbar, wenn die Behörden den Menschen helfen würden, anstatt sich rein repressiv zu verhalten. Bereits heute hat jeder auf Grund seiner finanziellen Verhältnisse Anspruch auf eine angemessene Tagessatzhöhe und Ratenzahlungen.
Das geht auch mit Bürgergeld und Raten von 10 bis 20 EUR.
§ 42 S. 1 StGB: "Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen."
https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/haft/knastunddiefolgen/damit-eine-geldstrafe-nicht-ins-gefaengn
"Das System der Geldverwaltung ist in Niedersachsen bisher ein Erfolg: Von rund 900 Betroffenen, die sich im Jahr 2010 an eine Anlaufstelle der Straffälligenhilfe wandten, konnten 850 durch die Zahlung ihrer Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe abwenden."
Das Problem ist nur, dass die Behörden und der Staat die Menschen nicht beraten, unterstützen und keine entsprechenden soziale Hilfen bereitstellen und vermitteln, sondern einfach nur ihr repressives Ding durchziehen und ihre eigenen institutionellen Ziele verfolgen.
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Für die interessierten Lesys noch ein bisschen anekdotische Evidenz:
Dann wird ein über 70-jähriger Rentner mit genügend Geld mit Haftbefehl und Polizei aus seiner Wohnung geholt und ins Gefängnis gesteckt, weil er den Papierkram für den Strafbefehl nicht umsetzen können. Bis irgendein Sozialdienst in der JVA gnädiger Weise auf die Idee kommt, dem Mann ganz praktisch bei der Banküberweisung zu helfen.
Oder noch einer: Ein nahezu immobiler Pflegeheimbewohner erhält einen Haftbefehl vom Gerichtsvollzieher, weil die Post (d.h. auch alle Mahnungen und Beschlüsse) an den handlungsunfähigen Mann im Pflegeheim zugestellt wurden, ohne sich darum zu kümmern, ob er diese verstehen kann. Bis das Pflegeheim dann kurz vor Vollstreckung des Haftbefehls mitteilt, dass der Mann gar nicht haftfähig ist und sowieso Sozialhilfe bekommt.
Aber Hauptsache man kümmert sich um hate-speech und Mikroaggressionen....ja, man muss schon Prioritäten setzen.......
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.04.2023 22:33).